Letzte Aktualisierung am 16. Januar 2018
Während ein CD-Player aus den 80er Jahren ohne Firmware-Update auskommt, geht es heute nicht mehr ohne. Nur zu dumm, wenn die Hersteller genau dies nicht wollen, denn an Software lässt sich nichts verdienen. So kommt es, dass inzwischen die Zyklen von Smartphones, Computern, Tablets und anderen Produkten der Unterhaltungselektronik nicht mal mehr sechs Monate dauern. Anstatt Fehler nachhaltig auszubessern, beschäftigt man die Marketing-Abteilung lieber damit, mehr oder weniger nachvollziehbare Argumente für den Neukauf zu bewerben. So bleibt das teuer erworbene Schätzchen auf der Strecke und wer mehr Features will, tauscht gleich das gesamte Gerät aus. Und das in Zeiten, wo alle von Nachhaltigkeit und Umweltschutz reden und sich die Firmen diese Prädikate noch auf die Fahnen schreiben. Als LG nun auf der CES 2016 in Las Vegas WebOS 3.0 vorstellte und verkündete, dass dieses Betriebssystem aufgrund veralteter Hardware nicht auf älteren LG-Smart-TVs installiert wird, wurde mir dies mal wieder bewusst. Unser Smart-TV hat einen Vierkern-Prozessor, genügend Speicher und ist eines der größeren Modelle aus 2014, das noch bis Mitte 2015 verkauft wurde. Und dieser soll jetzt schon veraltet sein?
Begeben wir uns gedanklich zu oben erwähnten CD-Spieler, ist ein solches Gerät in der Funktion auf wesentliche Punkte reduziert. Die Hardware zum Einen und die Firmware zum Anderen, ohne die das Gerät gar nicht funktionieren würde. Updates waren müßig, denn die Funktionen sind schnell getestet und selten gab es Probleme, die aufgrund von Software-Fehlern hätten gelöst werden müssen. Während das eine Produkt sich bereits beim Händler befindet, entwickelt das Unternehmen an Verbesserungen, wobei man sich die gewonnene Erfahrung des im Verkauf befindlichen Modells zu Nutze macht. Interagiert man auch mit dem Support, der Kundenanregungen weiterreicht, wird das Produkt auch besser sein und neue Kunden anlocken.
Heute ist das anders. So scheint beispielsweise jede Smartphone-Generation eine nahezu Neuentwicklung zu sein, Modellreihen haben oftmals gar nichts miteinander zu tun. Auch werden die Geräte gar nicht fertig entwickelt, der Käufer muss hoffen, dass der Hersteller sorgfältig gearbeitet hat. Auch wenn Google regelmäßig Android-Updates ausliefert, erreichen diese die Geräte erst lange Zeit später oder gar nicht. Das Argument von LG bezüglich der veralteten Hardware ist manchmal aber schon gerechtfertigt. Sony hat das Xperia Pro und andere Geräte älterer Baureihen aus 2011 von Android 2.3 auf Android 4.0 aktualisiert. Geringer Speicher, vorinstallierte Software und langsame Prozessoren sorgten dann mittelfristig für den Zusammenbruch: Speicher voll, Geschwindigkeit extrem langsam, nur in den Grundzügen funktionsfähig. Vorinstallierte Software konnte nicht entfernt werden und selbst mit wenig Apps waren vom geringen Speicher nur noch 40 MB frei. Damit lässt sich fast nicht mehr arbeiten. Google verspricht Besserung, die ist auch eingetreten. Smartphones der letzten zwei Jahre sind im Prinzip leistungsfähig genug, das aktuellste Android auszuführen.
Vielleicht ist man aber zu sehr vom Computer verwöhnt. Denn wer eine alte Gurke hat, die zumindest über ausreichend Arbeitsspeicher verfügt, könnte sogar Windows 10 noch laufen lassen. Wenn auch mit Geschwindigkeitseinschränkungen, aber es würde funktionieren. Nur mit einem feinen Unterschied, denn für Windows zahlt man in der Regel Geld. Bei Smartphones kommt der Faktor hinzu, dass die Hersteller das von Google ausgelieferte Android zunächst anpassen und die spezifischen Gerätefunktionen nachrüsten. Und das braucht Zeit und Prioritäten sind auch zu setzen. Das neu erschienene Flaggschiff muss schnell in den Handel, weshalb Bestandskunden warten müssen. Warum man nicht der Google Edition folgt und stattdessen alternativ Betriebssystemversionen ohne Anpassungen liefert, wird wohl ein großes Rätsel bleiben. Android ist hier nur eine von vielen Systemen. Ich spreche hier auch nicht von Systemfreiheit, ein Windows Phone kann nicht unbedingt auch ein Android beherbergen. Aber derzeit fiele mir nur Apple ein, die konsequent Gerätegenerationen mit Updates versorgen. Irgendwann natürlich nicht mehr, weil dann tatsächlich die neuen Funktionen die alte Hardware überfordern. Aber selbst ein iPad Mini der ersten Generation aus 2012 erhält iOS 9.2. Also, es geht doch! Wären da nicht die bekannten Einschränkungen, könnte iOS glatt alleine daher schon mein Favorit sein.
Während ich das Verhalten der Industrie wirtschaftlich nachvollziehen kann, verwundert mich das der EU-Kommission umso mehr. Die kümmern sich um Glühfadenlampen, Staubsauger und Handyladegeräte, um den CO²-Ausstoß zu minimieren. Aber dass offenbar in Brüssel noch keiner auf die Idee gekommen ist, die garantierte Nachhaltigkeit als Einfuhrkriterium zu beschließen, ist irgendwie nicht nachvollziehbar. Denn wenn ich überlege, wie viele Geräte alleine schon wegen fest verklebter Akkus entsorgt werden müssen, gibt es keinen Grund, diese Entscheidung nicht zu treffen. Bis dahin finden wir uns mit der Endlichkeit ab, jedoch wird dies meine Kaufentscheidung beeinflussen. Dann verzichte ich lieber auf ein Top-Feature und nutze dann lieber ein Gerät, das entweder eingeschränkter ist oder für das mir der Hersteller eine definierte Zeit der Nachhaltigkeit garantiert. Denn auch die günstigen Modelle werden durch den Austausch von Produktlinien entwertet und Mittelklasse-Smartphones sind keineswegs mehr unbrauchbar.
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