Letzte Aktualisierung am 15. April 2018
Da haben sich aber einige gewundert, dass ich aus dem Stand heraus innerhalb von nicht mal drei Stunden über 40 Freunde ansammeln konnte, als ich dann doch wieder einen Facebook-Account angelegt habe und das zurecht. Auch wenn ich nach wie vor diesem sozialen Netzwerk sehr skeptisch gegenüberstehe, ist die Frage des Warum schnell beantwortet: Werbung und Imagepflege. Privatkram gehört nicht in Facebook, wenig Likes und schon gar keine politischen Äußerungen meinerseits sind die Strategien, mit denen ich Facebook mehr für meine Zwecke nutze, als umgekehrt. Zumal ich bei Facebook nahezu nicht verfolgbar im Internet unterwegs bin. Dm liefen einige Jahre des Testens voraus, doch nun habe ich einen zumindest augenscheinlich sicheren Weg gefunden. Vor Allem auch deshalb, weil ich WhatsApp vor dem Ablauf der Frist von Facebook zumindest fast hermetisch durch Ausschluss der neuen Datenschutzgrundsätze trennen konnte. Wer heute WhatsApp nutzen will, hat diese Möglichkeit nicht mehr und alle Inhalte werden mit Facebook fest verknüpft.
Das Problem bei Facebook sind die dauerhaften Super-Cookies, die mir das nervige wieder anmelden ersparen. Diese allerdings telefonieren fortwährend nach Hause und senden an Facebook alles zurück, was ich im Internet mache. Egal, ob ich nach einem neuen Instrument suche oder einer Pizza, immer sind sie dabei und freuen sich noch mehr über die aktiven Like-Buttons, die das Verbinden der Informationen vereinfachen. Aus diesen Daten erstellt Facebook, das gilt aber auch für Google und andere Dienste, ein massives Daten-Arsenal, als „Big Data“ bezeichnet. Diese Daten enthalten nicht nur lückenlose Aktivitäten der jeweiligen Nutzer, zugleich auch standortbezogen anhand der hintergrundaktiven Facebook-Apps. Und da unsere Kommunikation heute zu einem Großteil nur noch über das Internet und vor Allem über soziale Netze abläuft, ist es ein Leichtes, diese massiven Datenmengen zusammen zu führen. Und das macht jeden Einzelnen angreif- und manipulierbar. US-amerikanische Forscher haben schon 2010 bewiesen, dass sich nur mit wenigen Profilinformationen das gesamte Verhalten eines Menschen inklusive sexueller Ausrichtung, Vorlieben und Verhaltensweisen ableiten lässt. Und das wird dann noch optimiert durch nicht nur personalisierte Werbung, sondern der neueste Schrei ist auch, jedem eine eigene Werbebotschaft zu präsentieren und den Text auf den Leser abzustimmen. Die c’t berichtete in der letzten Ausgabe Nr.17/2017, wie automatisierte Textgeneratoren diese Werbung ohne menschliche Einflussnahme optimieren. So könnte beispielsweise die Werbung für einen Schokoriegel dem 15jährigen Besucher etwas von Coolness vermitteln, der Studentin etwas von Nachhaltigkeit und dem angehenden Senior ein gewisses Ernährungsbewusstsein, auch geschlechtsspezifische Unterschiede wären denkbar. Die Daten können auf Knopfdruck abgerufen werden und alle Schwächen des Werbeziels können effizient für das Produkt ausgenutzt werden. Und das geht soweit, dass selbst lokale Händler sich dieser Daten bemächtigen und entsprechend nutzen können. So ist künftig davon auszugehen, dass die Werbung des Strom- oder Telekommunikationsanbieters im Briefkasten einer Analyse meiner Person über die Daten in sozialen Netzen voraus ging. Während man sich früher Gedanken gemacht hat, welche Werbebotschaft wohl am besten ankommt, wird diese vor dem Druck bereits auf mich abgestimmt. Und genau das bedeutet für die Werbebranche eine fast garantierte Erfolgsprognose. Besonders kritisch sehe ich das allerdings bei der Politik und den anstehenden Wahlen, so könnten auch Parteien sich dieser Maschinerie bemächtigen und den Wähler vor der Wahl zu ihren Gunsten manipulieren. Hier ist man aber dran und hat dies inzwischen auch erkannt. Nur ist zur Verhinderung die Mitwirkung der sozialen Netzwerke erforderlich.
Dabei gibt es relativ einfache Möglichkeiten, sich zumindest weitgehend von Big Data auszuschließen. Das beginnt schon bei der Frage, welche Fotos ich poste und like, zumal ich auch durch das Hochladen alle Bildrechte an die sozialen Riesen abgebe. Facebook weist in einer Campagne zwar darauf hin, dass das Eigentumsrecht bei den Nutzern verbleibt, aber schlussendlich gelten die Nutzungsbestimmungen, die niemand liest. Wer die Facebook-Apps nutzt, kann diese entsprechend einschränken, so dass Standort- und Hintergrundaktivitäten nur eingeschränkt möglich sind. Das geht beim iPHone fast einfacher als bei Android, auch wenn Google, mit Ausnahme der eigenen Dienste, Funktionen für Datensperren eingebaut hat. Da hier aber ein Widerstreit der Interessen besteht, würde ich mich nicht so darauf verlassen, dass diese Funktionen auch effektiv für alle Apps gelten. Vom einfachen Nutzer ist dies jedenfalls nicht nachvollziehbar, welche Daten das Smartphone tatsächlich bei der Nutzung verlassen.
Auch ohne App ist Umsicht beim Surfen geboten, denn die vertrauenserweckende Privatsphäre reicht nicht aus, meine im Netz erzeugten Spuren zu beseitigen. Eine Einstellung, dass man nicht verfolgt werden und keine Werbung möchte, wird logischerweise nicht angeboten. Denn die Cookies lauern immer und sammeln fleißig weiter. Experten raten seit Jahren dazu, für soziale Netzwerke einen eigenen Browser zu verwenden, das werden aber die wenigsten tun. Auch Werbeblocker helfen nicht, denn auch sie sammeln Daten und verkaufen diese weiter. Der wohl effizienteste Schutz ist ein Plug-In, das stets nach Verlassen einer Seite die angelegten Cookies vollständig entfernt. Self Cookie destruct beispielsweise steht für Mozilla Firefox zur Verfügung und sorgt dafür, dass spätestens eine Minute nach Verlassen der Seite die gelegten Spuren beseitigt werden. Da während der Nutzung die Cookies aber erzeugt werden dürfen, fällt dies nur dadurch auf, dass man sich stets aufs Neue anmelden muss. In Firefox kann man auch das Erstellen der Chronik komplett deaktivieren, dies kommt der Nutzung des privaten Modus gleich. In diesem behalten die Browser stets die Cookies nur so lange, bis das Programm beendet wird. Surft man parallel zu Facebook in derselben Browser-Sitzung auf anderen Seiten, kann Facebook dies nachverfolgen. Will man hingegen die Annahme von Cookies komplett verweigern, führt dies zu einem Fehler, Facebook beharrt dann auf die Notwendigkeit von Cookies und verhindert die Anmeldung. Das gilt auch für andere Seiten und führt im Ergebnis zu Schwierigkeiten.
Dass nahezu alle kommerziellen Dienste umfangreiche Daten zur Weiternutzung sammeln, ist kein großes Geheimnis. Nur begründet man dieses Verhalten häufig mit Vorteile für den Nutzer und überspielt auf diese Weise die tatsächlichen Absichten. Die Nutzungsbedingungen werden selten gelesen, aber akzeptiert und dadurch der Freifahrtschein für die Datensammlung erteilt. Jeder muss sich daher stets überlegen, ob er sich schützen will oder eben nicht, oder ob man den begehrten Dienst wirklich nutzen und seine persönlichen Daten offenlegen will. Die Aussage, man habe nichts zu verbergen, ist spätestens nach der manipulativen Werbung meiner Ansicht nach hinfällig.
Wer sich an meinen ersten Satz im Artikel erinnert, kann sich zurecht fragen, warum ich einerseits Facebook kritisiere und es andererseits für Werbung nutzen will. Klar ist, dass es momentan nicht so aussieht, als dass der Mehrheit der persönliche Schutzraum wichtiger wäre, als die Neugier. Und so ist Facebook der momentan interessanteste Weg, viele Menschen auf einfache Weise zu erreichen. Und wenn ich von Werbung schreibe, meine ich natürlich nicht, diese auf Grundlage der gesammelten Daten aufzubauen. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass ein wirklich ehrliches Facebook noch deutlich erfolgreicher sein könnte, als bei der momentanen Situation. So gibt es unglaublich viele Kritiker, die Facebook durch deren bewusstes Fernbleiben nämlich nicht erreicht. Aber hier muss man zwischen dem Image und der Wirtschaft unterscheiden. Denn würde Facebook diese Daten nicht sammeln und die Werbung personalisiert verkaufen wollen, wäre es nicht eines der weltweit bedeutendsten Unternehmen. Aber nichts währt ewig und das nächste Facebook kommt bestimmt, dann vielleicht mit anderen Grundsätzen, die nicht vorwiegend der Wirtschaft dienen. Und wer das nicht glaubt, erinnert sich bitte an Wer-kennt-wen und meinVZ, die mit etwas mehr Durchhaltevermögen und einer sozialen Botschaft öfters hätten punkten können.
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