25 Jahre Windows 95 – Frischzellenkur oder Anfang einer neuen Ära?

Ganze 25 Jahre ist es nun her, als dass Windows 95 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Doch so richtig bekommen hatte man es damals noch nicht, zu groß war die Anfälligkeit. Microsoft hat damals viel versprochen, alles sollte grafischer werden, doch im Vergleich zu Windows 10 war alles noch sehr kantig und einfach gehalten. Internet-Browser, Fehlanzeige, denn Bill Gates war davon überzeugt, das Internet sei eine Phase und ginge wieder weg. Doch da täuschte er sich und klaute prompt den Mozilla-Browser, Ursprung für einen Rechtsstreit, in dem Microsoft unterlegen war.


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Allerdings war nicht nur Windows 95 ganz neu, sondern auch die inzwischen üblichen USB-Anschlüsse. Hier bestand auch eines der größten Probleme, denn der USB-Stack war alles andere als funktionsfähig, Geräte wurden doppelt und dreifach erkannt oder auch mal gar nicht, im schlimmsten Fall sorgten sie für Abstürze. Das führte vor Allem bei mobilen Computern dazu, dass sie nicht sauber aus dem Energiesparmodus erwachten und es nicht selten vorkam, dass sie direkt abstürzten oder Geräte nicht mehr fanden. Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich den Computer oft sich selbst überließ und als ich wieder zum Notebook schaute, sah ich den Bluescreen, während der Lüfter auf Hochtouren lief und der Prozessor unter Volllast den Akku schnell entleerte.

Windows 95 ließ sich entweder auf ein vorhandenes DOS-System installieren, dann konnte man viele alte DOS-Anwendungen weiter nutzen. Das funktionierte zwar auch in der DOS-Box, aber wesentlich anfälliger. Damals konnte man das System so konfigurieren, dass man die Windows-Oberfläche durch Eingabe von „Win“ manuell starten konnte. Alternativ ließen sich parallel verschiedene Betriebssysteme auf eigene Festplattenpartitionen installieren und mit dem Windows-Bootmanager auswählen. Die erste Version erschien noch auf einem Stapel Disketten, später wurden eine Diskette und eine CD ausgeliefert, weil viele Computer noch nicht von CD booten konnten.

Die Nachfolger

Windows 95 basierte ursprünglich auf einem 16-Bit-Kern und lief als Aufsatz für MS-DOS im Protected Mode, so dass der Betriebsmodus des Prozessors nach dem Windows-Start umgeschaltet wurde. Man merkte dies bei schnelleren Pentium-Prozessoren mit 120 und mehr MHz, dass sie im DOS-Modus deutlich mehr Wärme abgaben, weil sie ständig mit Maximalleistung takteten. Unter Windows 95 wäre die Energieaufnahme zwar geringer, wenn da nicht die ständigen Festplattenzugriffe wären. Alles wurde virtuell ausgelagert, das bremste das System und machte es dadurch unter anderem sehr anfällig. Erst mit der B-Version verbesserte sich das, auch der USB-Stack war etwas zuverlässiger und man konnte damit schon gut arbeiten. Die letzte Version C war der Vorläufer zu Windows 98, das deutlich mehr Nutzer kennen dürften.

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Nachdem Windows 95 dafür sorgte, dass viele den Personalcomputer aufgrund der hübschen Oberfläche als attraktiv empfanden, sorgte Bill Gates indes für manchen Schmunzler, denn bei Vorführungen war der bekannte Bluescreen nicht selten zu sehen. Das verbesserte sich von Version zu Version, später konnten Updates auch über das Internet eingespielt werden. Mit Windows 98 SE (Second Edition) gab es erstmals eine stabilere Version, mit der es sich wirklich vernünftig arbeiten ließ.

Das Parallelprodukt Windows NT (Network Technology) wurde für die professionelle Arbeitsumgebung entwickelt und beruht im Kern auf OS/2, das Microsoft an IBM verkaufte. Deshalb laufen alte OS/2-Anwendungen im Prinzip auch unter Windows NT, Dies wurde wiederum ab Version 3.5 zu einem brauchbaren Betriebssystem, zuvor streute Microsoft Beta-Versionen kostenlos auf CD. Es gab somit zu Windows NT immer eine parallele Consumer-Version, wobei der Kern im Gegensatz zu Windows 95 nicht auf MS-DOS basierte, Systemleistung und Speicher konnten deshalb besser ausgenutzt werden.

Windows ME (Millennium) markierte das Ende des 16-Bit-Unterbaus und war die Parallelversion zu Windows 2000, das bis heute als eine der stabilsten Windows-Versionen gilt. Ab Windows XP wurde dann in Home und Professional unterschieden, mit MCE (Media Center Edition) gab es dann auch eine Version für den Multimedia-Anwender. Seit Windows XP ist der Systemkern gleich und es arbeitet als reines 32- oder 64-Bit-Betriebssystem. Für letztere Version gab es allerdings weniger Treiber und es lief auch weniger stabil, was sich mit Windows Vista wieder geändert hat. Hier aber wollte Microsoft der Musik- und Filmindustrie helfen und verbaute einen massiven DRM-Schutz im Systemkern, welcher Windows Vista träge und unzuverlässig machte, in Windows 7 wurde dieser aufgrund mangelnder Nachfrage renoviert und das System wurde spürbar schneller.

Den nächsten Flop erlebte Microsoft mit Windows 8, die Kachel-Ansicht gefiel nicht jedem und der Name „Metro“ sorgte für einen Rechtsstreit mit dem gleichnamigen Konzern. Mit Windows Blue (8.1) ruderte Microsoft wieder zurück und man bekam eine Art Startmenü. Windows 10 ist das, was wir heute kennen, die Version 9 wurde durch Windows 8.1 übersprungen und die Ausrichtung hat sich verändert. „Windows as a service“ heißt die Devise und Microsoft verlagert sich zum Händler, der sich mit Nutzerdaten bezahlen lässt und Anwendungen in den Stores verkauft. Das ist insofern nicht verwerflich, denn Google und Apple gingen mit gutem Beispiel voran. Nach der langen Geschichte der grafischen Windows-Versionen, wobei Windows nicht als erste grafische Benutzeroberfläche gilt (siehe Apple LISA), kann man das Windows-10-System als durchaus gelungen bezeichnen. Aber es gibt keine Versionen mehr, sondern nur noch Build-Nummern, die sich aus Jahr und Monat zusammen setzen und den aktuellen Softwarestand bezeichnen. Windows 10 Version 2004 steht für April 2020.

Mobile Derivate

Schon immer hat es Microsoft versucht, das Windows auf kompakte Mobilgeräte zu bringen. Ein Olivetti-Notebook Anfang der 90er mit eingebautem Diktiergerät ließ sich mit Windows 3.0 nutzen, später folgte der iPaq von Compaq mit Windows for Pocket-PC. Auch HTC stieg mit dem MDA früh in Deutschland ein, so wurden bei der Deutschen Telekom und o2 mit dem XDA parallel telefonierende Windows-Kleinstrechner angeboten. Kantiges Design wie bei Windows 98, spezielle Apps, ein Startmenü und ähnliche Arbeitsweise sollten dem BlackBerry paroli bieten. Doch das gelang nicht und besserte sich mit der Zeit auch wenig, die Umstellung auf Windows Mobile 6.5 lieferte ein energiehungriges Betriebssystem, das nicht mit der ansprechenden Optik eines iPhone mithalten konnte. Der Versuch, mit Windows Mobile 8 und 10 den neueren Windows-Versionen ein mobiles Derivat zu verpassen, schlug ebenfalls fehl. Nicht nur einmal zog sich Microsoft aus dem mobilen Geschäft zurück, um dann wieder etwas Neues anzubieten. Windows RT, eine ARM-Version von Windows 8, war ebenso ein Versuch und sollte mit dem Surface das erste Tablet liefern. Dass aber keine typischen Windows-Anwendungen installiert werden konnten, machte das Gerät nicht zum Verkaufsschlager.


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Heute liefert man mobile Apps, Office ist natürlich ein wichtiges Standbein für das Kerngeschäft, so migriert man mobile und Cloud-Dienste auf alle Plattformen. Das ist wichtig, um den Anschluss zu behalten und Kunden zu erreichen, die abseits von Windows mit Microsoft Office arbeiten müssen. Während früher Windows zu den erfolgreichsten Produkten von Microsoft zählt, das immerhin auch auf fast jedem Computer zwangsinstalliert wurde, dürfte sich das heute etwas verändert haben. So gibt es bei eBay günstige Lizenzen für Office und Windows, was von Microsoft offenbar geduldet wird, man hier also keine großen Einnahmeverluste zu beklagen hat, sonst wäre das vermutlich anders.

Fazit

Ob Windows heute als gut oder schlecht bezeichnet werden kann, vermag jeder Anwender für sich zu beurteilen. Schaue ich ins Linux-Lager sehe ich, dass es die Open-Source-Community jedenfalls bis heute nicht geschafft hat, ein ähnlich aus einer Hand gegossenes System mit hoher Reichweite zu liefern. Linux ist alleine durch Android und die Betriebssysteme von Apple zwar wesentlich mehr verbreitet, aber nicht besonders nutzerfreundlich. Wenn etwas klemmt, muss man selbst coden und das gelingt im Textmodus. Wer das nicht kann oder nicht die Sprache des Systems versteht, kommt nicht weiter. Zwar ist dies auch unter Windows 10 der Fall, aber erst ab einem deutlich späteren Moment.

Und was ist mit macOS? Auch hier hat Apple sich genügend Patzer geleistet und die Aussage, macOS sei wesentlich weniger anfällig als Windows, gilt heute leider auch nicht mehr. Hinzu kommt, dass beide Betriebssysteme recht günstig sind, macOS aber den Dongle eines teuren Mac erfordert, während es Heise schon geschafft hat, Windows 10 auf einem Raspberry Pi zu installieren. So genügt für Windows, genauso aber auch für Linux, ein günstiger Computer zum Betrieb, wobei eine hohe Kompatibilität gewährleistet ist und man sich in den wenigsten Fällen nachträglich auf die Suche nach Treibern begeben muss, Windows 10 läuft einfach und was fehlt, wird aus dem Internet nachgeladen. Während man früher ein Kompletpaket mit CD und Handbüchern kaufen muss, lädt man sich das ISO-Image heute selbst und installiert es einfach auf einen USB-Stick. Dabei hat man nach der Installation auch ohne Product-Key 30 Tage Zeit, bevor eine Aktivierung erforderlich wird. in Zeiten von Windows 95 war eine Installation ohne Key nicht möglich, was bis zu Windows Vista gilt.

Datenschutzaspekte sprechen jedoch schon gegen Windows 10, auch wenn sich Microsoft diesbezüglich in aktuellen Versionen deutlich mehr zurückhält. Gerade im Unternehmensumfeld sind Online-Dienste nicht immer gewollt und was für den Anwender praktisch ist, wie geräteübergreifendes Arbeiten, ist im Unternehmen wenig sinnvoll. Die Enterprise-Edition ist hier deutlich anpassungsfähiger und der Grund, dass Unternehmen nach Jahren der Nutzung von überalterten Windows-Versionen auf Windows 10 setzen können. In den Consumer-Editionen Home und Pro gibt es heute deutlich mehr Eingriffsmöglichkeiten, dass man seine Daten und Arbeit schützen kann. Auch bezogen auf Schadsoftware ist Windows 10 das sicherste Windows, denn der integrierte Defender macht einen zusätzlichen Virenschutz nahezu überflüssig. Optisch erinnert heute wenig an Windows 95, selbst der Bluescreen hat eine wärmere Farbe und Smileys erhalten. Man sieht ihn zwar auch gelegentlich, aber deutlich seltener als früher. Das gilt auch für die Neuinstallation, ein stabiles Windows 10 kann man einfach benutzen. Mit Ausnahme der Datensammelleidenschaft von Microsoft lässt sich an Windows 10 wenig aussetzen, selbst ein Linux-Subsystem wurde in Version 2004 integriert. Bleibt zum Schluss noch die Bildschirmlupe und Sprachausgabe zu erwähnen, die selbst teure Screenreader weitestgehend überflüssig machen.

Ein Kommentar

  1. Eric said:

    Anmerkung zu Windows 10:
    WSL gibts nicht erst seit Version 2004, sondern schon seit 2016 oder Anfang 2017.

    24. August 2020
    Reply

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