Test: Hable Speechlabel, Markierungsetiketten nicht nur für Blinde

Letzte Aktualisierung am 24. November 2025

Neben dem hier getesteten Hable One und dem von mir nicht beachteten Hable Easy für die einfache Smartphone-Bedienung über nur drei Tasten steht nun mit Hable Speechlabel (die App heißt im deutschsprachigen Raum Sprachlabel) das dritte Produkt des niederländischen Unternehmens bereit. Im Prinzip handelt es sich beim Starterpaket um einen Satz Labels mit zugehöriger App, mit der blinde Anwender (und nicht nur diese) Objekte, Produkte und vieles mehr beschriften können. Schauen wir doch mal, was Speechlabel möglicherweise anders oder sogar besser macht als andere Markierungssysteme. Das Starterpaket wurde mir freundlicherweise für diesen Test zur Verfügung gestellt und dies mit dem Hinweis, dass aktuell noch an der Übersetzung der App gearbeitet wird.

Mehr Informationen zu Hable Speechlabel gibt es hier.

Wozu Produkte markieren?

Während man mit einem Stift spontan Gefriergut oder Einmachgläser beschriften und schnell auffinden kann, ist das für blinde Menschen ohne sehende Unterstützung schon schwieriger. Hier helfen Text- oder Produkterkennungssysteme kaum weiter, auch die KI wäre nicht zuverlässig genug. Weitere Beispiele können Aktenordner oder Tablettendosen sein, deren Inhalt und zusätzliche Informationen wichtig sein können. Noch heute kann man Klebebänder mit Blindenschriftmaschinen oder Schreibtafeln beschriften (wer das noch kann), allerdings nimmt die Blindenschrift einiges an Platz ein und mit Kleidung funktioniert das nicht. Produkte mit Codes zu markieren ist nicht neu, das kann auch der beliebte und stiftähnliche Penfriend, den zugehörigen Labels werden Sprachnotizen zugeordnet und lassen sich beim Scannen wieder abspielen. Der Einkaufsfuchs als Produkterkennungssystem kann ebenfalls ausgedruckte Strichcodes mit einer Sprachinformation versehen, das kann für manche aber kompliziert werden und mit der Wasserfestigkeit ist dies mitunter schwierig. Matapo hat auch in den BlindShell-Modellen an so etwas gedacht und verkauft übrigens ebenfalls Strichcodes und NFC-Tags, einige liegen den Geräten schon bei. Der Nachteil wie beim Einkaufsfuchs ist aber die Bindung an das jeweilige Ökosystem, wer umsteigen will verliert seine Datenbank und wer diese nicht sichert, hat mitunter ein Problem. Bei Speechlabel werden die Codes in einem Benutzerkonto gespeichert und lassen sich sogar veröffentlichen, so dass andere Nutzer die Tags verwenden können. Das ist praktisch beispielsweise in Wohngruppen oder Schulalltag, allerdings sollte man hier mit dem Datenschutz etwas aufpassen.

Speechlabel Starterpaket

Produkterkennungssysteme sind abhängig von einer Datenbank, welche den Barcodes die Produktinformationen zuordnet. Bei Speechlabel geht es hingegen um das individuelle Anbringen und Beschriften von allem Möglichen. Das können die erwähnten Gefrierboxen oder Einmachgläser sein, aber genauso Kleidung, Türen und vieles mehr, Grenzen gibt es praktisch kaum. Darüber hinaus können Beschriftungen nachträglich geändert werden oder man nutzt einen Tag beispielsweise als Notizzettel. Im Unterschied zu Bluetooth-Taggern und QR-Codes stecken die Informationen in einer Cloud. Somit ist Speechlabel auch ein Ökosystem mit einer gewissen Abhängigkeit und hat mit dem Erkennen von Lebensmittelverpackungen nichts zu tun.

Speechlabel ausgepackt

Das Starterpaket mitinsgesamt 35 Speechlabels kommt in einem Pappumschlag und enthält alle Varianten. Das ist gut für den Einstieg, denn so kann man zunächst experimentieren und sinnvolle Labels nachkaufen. Diese bestellt man dann bequem im jeweiligen Set direkt aus der App nach. Diese ist kostenlos und das macht sie interessant für Bildungseinrichtungen, denn die Labels müssen schließlich nur einmal gekauft werden.

Inhalt des Speechlabel Starterpakets

Direkt aufgefallen sind mir die fünf runden Wäscheknopfetiketten, die man sicher in der Kleidung vernähen kann und das ist wirklich ein Novum. Das Thema Beschriften von Kleidung kam mir in der Vergangenheit schon öfters unter und dies mit verschiedenen Ansätzen, Farberkennung mal außen vor. Ich erinnere mich noch gut an zwei Studentinnen, die genau so etwas für ihre Bachelorarbeit in der Fachrichtung Modedesign entwickeln wollten. Die Beispieletiketten waren allerdings recht groß und erinnerten fast schon an Kofferanhänger. Meine Kritik damals war, dass Blindenschrift zu viel Platz einnimmt und nicht jeder beherrscht, außerdem müssten die Etiketten fest und wenig spürbar in der Kleidung verankert sein. Das war so etwa im Zeitraum 2006 bis 2008 und damals hatte ich schon die Idee einer Online-Datenbank, zumal einige Smartphones von Nokia mit einem integrierten Barcodescanner ausgestattet waren, NFC gab es für die breite Masse noch nicht. Diese Wäscheknöpfe funktionieren nämlich genauso, also berührungslos und ohne Sichtkontakt. Das gelingt aus kurzer Distanz, so dass man das Label nicht genau treffen muss. Vorstellbar wären Kleider mit Farben oder Pflegehinweisen zu versehen oder Notizen über gut zusammenpassende Kleidungsstücke. Mehrere Löcher im knopfgroßen Label ermöglichen das feste Anbringen, so übersteht es auch die Waschmaschine. NFC-Tags (Near Field Communication) enthalten kleine Chips, die über den energetischen Feldeffekt ihre eindeutige ID an das Smartphone übertragen, die App ruft dann die hinterlegten Informationen aus der Cloud ab und gibt diese aus. Dies sind die einzigen Labels, die nicht aufgeklebt werden können.

Speechlabel Wäscheknöpfe

Die 20 Lebensmittelaufkleber arbeiten mit einem QR-Code und sind auf einem Blatt mit fünf mal vier Reihen angebracht. Aufgeklebt lassen sie sich gut ertasten und sind dünn genug, so dass man sie an Flaschen oder Gläsern anbringen kann. Sie sind wasserfest und zur Identifikation wird die Kamera des Smartphones verwendet, Sichtkontakt ist somit nötig. Aufgrund des recht weiten Erfassungsbereichs heutiger Smartphones sollte man die Labels örtlich daher nicht zu nah beieinander platzieren.

Speechlabels für Lebensmittel

Weiterhin finden sich fünf runde NFC-Tags im Paket, die ebenfalls berührungslos identifiziert werden können. Zum Schutz kann man sie diskret auf der Innenseite beispielsweise an einem Ordnerrücken aufkleben und den Inhalt entsprechend markieren. Dadurch ist es möglich, die Ordner ohne Herausziehen aufzufinden, was den Alltag durchaus erleichtern kann.

Speechlabel QR-StickerSpeechlabel NFC-Aufkleber

Abschließend liegen noch auf einem Streifen fünf quadratische und etwas dickere QR-Sticker bei, die in Form und Haptik an Herstelleraufkleber erinnern, wie man sie beispielsweise auf manchen Computergehäusen findet. Praktisch wäre jetzt noch ein haptisches Logo gewesen um sie direkt als Speechlabel zu ertasten. Während man die runden Aufkleber diskret anbringen kann, sollen diese Sticker auffallen, so könnte man sie beispielsweise an Türschlössern, Schränken oder Regalen befestigen. Da sie mit QR-Codes arbeiten ist natürlich auch hier Sichtkontakt nötig.

Speechlabel NFC-Sticker

Damit könnte man in einer Schule die Raumnummern und zugehörige Klassen oder Personen markieren, öffentlich wären sie dann für jeden identifizierbar und ließen sich auch schnell ändern. Praktisch wäre jetzt noch eine Möglichkeit, Labels als Gruppen zusammenzufassen, so könnten Restaurantbetreiber auf einen Rutsch die Mittagskarte bereitstellen. Oder man könnte sie in einer Einrichtung kategorisieren und der Hauptgruppe Türen die Untergruppe Raumnummern und Personen zuordnen. So komplex ist die Datenbank aktuell nicht, man muss also jedes Label einzeln abspeichern.

Die Speechlabel App

Ohne die zugehörige App nützen die Labels natürlich nichts und so wollte ich zunächst ausprobieren, was das BlindShell Classic 3 von den NFC-Tags hält. Sie verweisen bei nicht installierter App direkt auf die Speechlabel-Homepage mit den dazugehörigen Links in die Stores. Damit wäre klar, dass es hier keinen Standard gibt, so dass die Speechlabels nicht mit anderen Apps funktionieren und ohne nicht zugeordnet werden können.

BlindShell Classic 3 mit Speechlabel Website

Nach der Installation wird man zunächst zum Erstellen oder Anmelden bei einem Account aufgefordert, hierfür sind die E-Mail-Adresse und ein Kennwort nötig. Die vereinfachte Anmeldung mit Apple oder Google ist laut Entwickler in Planung. Zwar fänden es manche vielleicht besser, ihre Daten auf dem Gerät zu belassen und in iCloud oder Google Drive zu sichern, diese Möglichkeit gibt es derzeit nicht. Ein Dunkelmodus ist in Vorbereitung und die Symbole für den Fortschritt der sehr guten Einführung müssen noch beschriftet werden. Die Nutzung gestaltet sich selbsterklärend und das ist auch gut so. Der Vorteil bei Software ist die stetige Weiterentwicklung, da wird sicher noch einiges passieren.

Screenshot Speechlabel Einführung

Freigaben muss man für Kamera und Mikrofon erteilen, so dass sich Sprachinformationen aufzeichnen lassen. Diese allerdings sind in der Auflösung etwas zu sehr beschnitten, es fehlt ihnen an Höhen, das könnte hörbehinderten Menschen einige Schwierigkeiten bereiten. Vermutlich hat man sich dafür aufgrund kurzer Ladezeiten entschieden. Bei der Erstellung eines Speechlabels wählt man eine Überschrift, Beschreibung und zusätzlich oder lediglich eine Sprachaufzeichnung. Wird das Label gescannt, wird diese automatisch abgespielt. Weiterhin legt ein Schalter fest, ob das Label privat oder öffentlich gespeichert werden soll. Eine Zwischenstufe wäre sinnvoll, beispielsweise beschränkt auf die Mitbbewohner einer WG.

Screenshot Speechlabel erstellen

Die Kombination aus Text und Sprache kann man vielfältig einsetzen. Bei Konserven oder Gefriergut lässt sich schnell die Sprachinformation anpassen, während im Textfeld eine Bezeichnung und ein grundsätzlicher Inhalt eingegeben wird. Es ginge aber genauso umgekehrt und man könnte ein generelles Stichwort aufsprechen und die Textfelder für Angaben nutzen, beispielsweise das Einfrierdatum.

Screenshot meine Speechlabels

Richtig genial wäre jetzt noch eine Kombination mit einer KI zur automatischen Bildbeschreibung, was besonders für Wäschestücke interessant sein kann. Auf die Idee zur Unterstützung von Smart Glasses komme ich nicht, denn das würde nur für die optischen Tags Sinn ergeben. Die Kombination aus optischen und NFC-Labels ist eine gute Kombination, wobei man nur die NFC-Tags bei aktiviertem NFC-Feature ohne gestartete App abrufen kann. Startet man die App, sieht man sofort das Kamerabild und der weite Erfassungsbereich der Kamera reagiert schnell. Das geht auch schneller als die Erkennung von NFC-Tags.

Screenshot Speechlabel Kameraansicht

Im Shop, fälschlicherweise als Laden bezeichnet, lassen sich die Speechlabel nachkaufen. Das hier getestete Starterpaket kostet 17 Euro, das All-in-One-Paket derzeit rund 77 Euro mit 20 % Rabatt. Dieses enthält alle verfügbaren Pakete: 25 Wäscheknöpfe, 25 NFC-Sticker, 100 Lebensmittelaufkleber und 25 dicke QR-Tags. Die Nachkaufpakete einzelner Labels sind jeweils günstiger und im Prinzip kann man sich nur die benötigten Tags kaufen. Mit dem Starterpaket bekommt man in jedem Fall ein gutes Gefühl für das Produkt und die Anwendungsmöglichkeiten ergeben sich direkt bei der Anwendung.

Screenshot Speechlabel Shop

Mehr lässt sich in der App derzeit nicht einstellen, man kann das Profil allerdings noch um weitere personenbezogene Angaben ergänzen. Praktisch wäre noch, wenn man eine Zahlungsart hinterlegen könnte und es eine smarte Nachbestelloption gäbe, so dass die App zählt, wie viele der im Bestand vorhandenen Labels verbraucht sind. Meine schon öfters an Blindenhilfsmittel geäußerte Kritik ist die Nichteinhaltung europäischer Datenschutzbestimmungen, so lässt sich zumindest in der App das Benutzerkonto nicht löschen und das müsste laut Datenschutzgrundverordnung möglich sein. Allerdings würde das auch bedeuten, dass man beim Löschen auch alle Zuordnungen verliert und vermutlich hat man deshalb auf eine Kontolöschung verzichtet.

Fazit

Mit Speechlabel gibt es ein tolles Beschriftungssystem für Smartphones, das mit optischen und NFC-Tags genutzt werden kann. Mich begeistern besonders die knopfartigen Tags für Kleidung, das ist wirklich innovativ. Der Preis für das Komplettpaket schreckt manche vielleicht ab,aber man kann sich benötigte Labels auch in den Einzelpaketen kaufen. Günstig in jedem Fall ist das Starterpaket, so dass man zunächst ein Gefühl für das Produkt erhält. Laufende Kosten entstehen nicht, mit dem Kauf finanziert man die Betriebskosten für die Cloud. Die Kombination aus beiden Systemen bietet viel Flexibilität und dass man die App nicht zum Erkennen eines NFC-Tags starten muss, erhöht die Ergonomie ungemein. Der Fantasie sind jedenfalls keine Grenzen gesetzt.

Sei der Erste, der das kommentiert

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert