Letzte Aktualisierung am 27. April 2020
Im aktuellen Podcast hatten wir es kurz angesprochen, jetzt ist es lieferbar. Ob iPHone SE2, iPhone 9 oder wie auch immer, angekündigt und vermutet wurde es schon länger. Dabei hatte Apple selbst die Nachfolge eines iPhone SE bestritten, obwohl der Formfaktor des kleinen, kantigen Telefons vielen gefiel. Nun gibt es das iPhone SE 2020, das aber kein Nachfolger des iPhone SE im eigentlichen Sinne ist, sondern neue Technik mit älterem Design vereint. Manche mögen das veraltet nennen, ich finde es gut und so ist das iPhone SE 2020 genau das, was ich erwartet habe.
Teltarif kann da so oft was von veraltet schreiben und dass die neueren Modelle moderner seien. Nur ist der Artikel von Markus Weidner nur eine Sicht, die ich absolut nicht teilen kann. Im Gegenteil, denn genau diese Features sind der Grund, überhaupt noch den Kauf eines iPhone in Erwägung zu ziehen, das hatte ich nämlich für mich eigentlich schon ausgeschlossen. Face-ID, vollkommen unpraktisch. Man möchte sein iPhone auch mal entsperren, ohne es aus der Tasche ziehen zu müssen. Randloses Display, ganz nett und macht das Gehäuse größer, mir persönlich aber nicht wichtig. Kritisch könnte man ganz vielleicht den geringeren Arbeitsspeicher von nur 3 statt 4 GB sehen. Die Frage ist jedoch nicht, wie viel Arbeitsspeicher ein Smartphone hat, sondern wie viel die Apps und Features tatsächlich benötigen. Die Plus-Modelle hatten immer 3 statt 2 GB, wegen der höheren Auflösung und Tiefenschärfenkamera, auch Face-ID dürfte damit beschleunigt werden. Für die Praxis sollte man jedoch noch lange mit etwas weniger Auskommen können, sofern man nicht die neuesten augmented Action-Games zocken will. Das iPhone SE hat kein Full-HD, das iPHone XR übrigens auch nicht. Total unmodern, dafür aber drahtloses Laden. Videos mit Stereoton, das kann das iPhone X nämlich nicht und ist inzwischen selbst bei Apple üblich. Wird schließlich auch Zeit, denn ein Nokia N8 konnte das schon vor 10 Jahren.
Das sind aber alles Dinge, die mich bei einem Alltagsgegenstand gar nicht interessieren. Im Gegenteil, denn wenn es danach geht, hatte ich beim Warten auf das iPHone SE eine Woche mein Motorola One Vision intensiver genutzt und mich gefragt, warum ich überhaupt noch ein iPHone bestellt habe. Das hat nämlich 4 GB Arbeitsspeicher, mehr als Full-HD-Auflösung, randloses Display und kostet mit 260 Euro und zwei Kameras nicht mal halb so viel, wie mein iPhone SE mit 256 GB Speicher. Selbst Android 10 ist flink und läuft mit TalkBack ausgesprochen gut. Klar klemmt es hier und da, aber klemmt ein iPhone denn nicht auch mal?
Wiederherstellungskatastrophe
Dabei hätte ich heute sowohl meinen iMac an die Wand klatschen und das iPHone postwendend retournieren wollen, denn es ging gar nichts. Mein vom iPHone 7 Plus erstelltes Backup wurde erst mal gar nicht angenommen. Kennwortfeld, das keine Eingaben akzeptiert. Nach dem Neustart akzeptierte es die Eingaben, dann aber kam der Finder und nichts passierte. Alles aus und wieder ein, dann störte es sich am iCloud-Backup. Nach dem Deaktivieren wollte es dann klappen, aber ohne Medieninhalte. Alle hochauflösende Musik weg, eigentlich alle In-apps, wozu mache ich dann eigentlich ein vollständiges Backup? Bis auf die Einstellungen von einigen Anwendungen ist aber vieles da, hinterlässt aber dennoch einen Haufen Arbeit. Dabei nervt mich weiterhin, dass die Übertragung von Daten im Finder nach wie vor ohne überhaupt ein Feedback passiert, keine Fortschrittsanzeige oder ob man den richtigen App-Ordner gewählt hat. Dabei kommt noch hinzu, dass nicht jeder App-Ordner auch in der Dateien-App angezeigt wird. Einzig ob das Gerät warm wird ist ein Indikator dafür, ob Daten fließen. Das ging unter MS-DOS schon transparenter. Mit VoiceOver geht das übrigens nicht, hier braucht es die Maus. Die Bedienbarkeit hat ohnehin am Mac etwas nachgelassen.
Immerhin erfreute mich die Apple Watch mit einem Koppeln ohne Zurücksetzen. Selbst ohne Ankopplung an das alte iPhone waren der AppStore nutzbar und Updates prinzipiell auch autark möglich, da hat Apple wirklich zugelegt. Was mich vorher noch geärgert hat, konnte mich nachher dann wenigstens beeindrucken. Beeindruckend auch die erste Nutzung, das iPhone ist wirklich etwas zügiger, auch gibt es jetzt die haptischen Gesten in VoiceOver, die mein 7 Plus nicht konnte. Dennoch sind es keine galaktischen Dimensionen, seitdem das iPHone 7 Plus mit iOS 13 ohnehin flinker arbeitet. Aktuell ist iOS 13.4.1 installiert, was es sich noch aus dem Netz holen musste. Wer jetzt glaubt, die Einrichtung beim zweiten Gerät verlief einfacher, der irrt. Auch hier brauchte es zwei Anläufe und mehrere Neustarts, das iPhone SE der neuen Sorte hat immer wieder angeboten, sich zurückzusetzen.
Technisches
Kommen wir aber zum Gerät selbst. Ein Test erübrigt sich für alle, die ein iPhone 8 gewohnt sind, denn das iPhone SE 2020 ist exakt ein iPHone 8. Leider auch mit der von mir kritisierten Glasrückseite, so droht bei Sturz ohne Schutzhülle der wirtschaftliche Totalschaden, ebenso nur ein Kameramodul, was für die Alltagsaufgaben reicht. Immerhin werden die Module in den größeren Modellen nicht simultan genutzt, sondern erweitern nur den Zoombereich. Taptic-Engine und „gefühlte Home-Taste“ sind ein Segen und wie beschrieben kaufentscheidend. Das Display mit TrueTone-Technoologie ist aktueller und kein OLED, die Farben werden je nach Umgebung automatisch angepasst und unterstützen den P3-Farbraum. Ob solche Features wirklich neue Hardware erfordern oder auch durch Software nachzubessern wäre, wird man wohl nicht erfahren. Dual-SIM-Unterstützung mit eSIM, A13 Bionic-Prozessor und kein 3D-Touch, was für mich die größte Umgewöhnung darstellt. Wie oft zerdrücke ich das iPhone beim Senden einer WhatsApp, weil ich mit Gewalt das Display bis zum Gehäuseboden durchzudrücken versuche. Im Lieferumfang ist das kleine 5-Watt-Netzteil, das nicht mit voller Leistung lädt. Finde ich ein Vorteil, denn zu schneller Ladestrom nutzt den Akku deutlich schneller ab. Es fehlt weiterhin der Lightning-auf Klinke-Adapter, der auch schon dem iPhone 8 nicht mehr beiliegt und 9 Euro extra kostet. Wie üblich gilt auch für das neue iPhone SE, dass die Klinkenbuchse fehlt.
Natürlich ist das iPHone SE aus 2020 größer als das SE der ersten und zweiten Generation. Richtig, das unterschägt die Fachpresse gerne, denn Apple hat zwei Jahre nach dem SE die neue Version mit veränderten Speichergrößen aufgelegt. 32 statt 16 und 128 statt 64 GB, das Modell auf dem Foto entspricht der neueren Version. Das dritte, nun aus dem Jahr 2020, ist in den Speichergrößen 64, 128 und 256 GB erhältlich. 479 Euro, 529 und mit Abstand höhere 649 Euro werden dafür aufgerufen, ein iPhone XR mit so viel Speicher bekommt man dafür nicht, langsamer ist es auch. Ansonsten aktuelle Drahtlostechniken, eigentlich alles, was das iPhone 11 kann. Aber etwas kleiner und im Sound bei Direktvergleich etwas schlanker. Okay, es ist und bleibt ein Smartphone, selbst das iPhone 11 Pro birgt hier keine wirklichen Wunder.
Bezüglich Akkulaufzeit hat Teltarif diese beim iPhone 8 bemängelt. Das aber lief noch mit dem A11-Chip und so lässt sich dies schwer vergleichen. Das c’t-Magazin hatte vor einigen Jahren festgestellt, dass die Kapazität des Smartphone-Akkus nicht proportional zur Leistung des SoC steht, so dass hier durchaus Überraschungen zu erwarten sind. Immerhin klappt das drahtlose Laden, ein Feature, das ich schon seit dem Google Nexus 4 genutzt habe und zwar als bequem, jedoch nicht sonderlich umweltfreundlich erachte. Die Akkulaufzeit konnte mich bereits beim ersten Nutzungstag überzeugen. Laden von In-Apps, FaceTime, YouTube und Ausprobieren der Kamera ließen mir rund 28 Stunden Zeit, bevor das Gerät herunterfuhr. Keine Referenz, aber immerhin.Inzwischen konnte ich auch die Klangqualität und Kamera mit dem iPhone 11 direkt vergleichen, das im Gegensatz zum iPhone SE wie ein Plus-Modell wuchtiger und deutlich schwerer wirkt. Das Display ist natürlich größer, der Sound liefert etwas mehr Tiefgang und der Weitwinkel mit 0,5x Zoomfaktor ist ein nettes Feature, auf das man beim iPhone SE ebenso verzichten muss, wie auf die Makrokamera des iPhone 11 Pro. Wer viel unterwegs ist, Landschaften, Gebäude und Gruppen fotografieren will, könnte von den Kameras der größeren Modelle profitieren, deren Qualität aber nicht besser ist.
Fazit
Wer ein iPHone kaufen möchte, kann getrost zum iPHone SE 2020 greifen. Die mittlere Speicherausstattung von 128 GB ist in Preis-Leistung der beste Kompromiss, 256 GB sind etwas Luxus. Für 479 Euro immerhin mit 64 GB ausreichend Platz für Alltagsaufgaben. Das Gerät punktet mit dem aktuellsten Prozessor, weil Technik des iPhone 11, sowie mit dem kompakten Formfaktor. Was hier veraltet sein soll, sind höchstens die realistischen Ansprüche der Nutzer, die Fortschritt und Innovationen nicht mit Marketingentscheidungen verwechseln. Kein 3D-Touch, was war das für eine Innovation, kein Face-ID, was übrigens nicht mal die aktuellsten MacBooks unterstützen. Es ist allerdings nicht zu erwarten, dass Apple sich besinnt und künftig andere Preismodelle vorschlägt. Immerhin kosten die Rollen für den Mac Pro jetzt über 800 Euro, für 560 Euro hatte man sogar die Bremsen vergessen. Wäre es nicht so günstig und nicht mit Touch-ID ausgestattet, ich hätte mir den Kauf wirklich sehr überlegt. So aber ist es ein gutes Upgrade.
Trotzdem gibt es im Android-Lager günstigere Geräte mit mehr Ausstattung, beginnend bei Displayauflösung, Speichererweiterbarkeit, Kameras und nicht endend bei Spezial-Features. Da bewirbt Apple gerne den A13-Chip, jedoch ist auch hier das Marketing nicht zu unterschätzen. Mehr Leistung zur Verfügung haben heißt nicht, diese auch zu brauchen. Das sehen wir im Computerlager, dass mit steigender Prozessorleistung nicht der Komfort gleichermaßen steigt, sondern die Systemauslastung deutlich sinkt. Besonders leistungsstarke Prozessoren verbrauchen ohne Last nicht zugleich weniger Energie. Wohl niemand würde sich einen Tesla Model S Performance mit hoher Reichweite kaufen und damit nur zum Einkaufen in den Nachbarort fahren, genauso verhält sich das mit Smartphones. Wir sehen deutlich, wie gering die Innovationen heute im Vergleich zu den zurückliegenden Jahren sind. So müssten sich die Hersteller schon gewaltig anstrengen, schlechte Smartphones zu bauen. Für Apple gilt nichts anderes, die jetzt im Einstiegsbereich sogar aktuelle Prozessoren anbieten. Ist auch logisch, denn der A12-Chip landet jetzt im aktuellen iPad Pro.
Ich hab mir aufgrund des meiner Meinung nach besseren Designs das SE der ersten Generation geholt und dürfte dank iOS 14, vielleicht mit Update auf iOS 15, eine Weile auskommen.