Über ein Jahr ist es jetzt her, dass ich die Schließung meines Amazon-Kontos beauftragt habe und nun ist es wieder da. Was damals passiert ist, könnt Ihr hier nachlesen und hier lest Ihr, warum ich die Lust am Rezensieren verlor. So verlief die Geschichte ganz anders als erwartet und warum das so gekommen ist, möchte ich hier notieren. Zuvor solltet Ihr aber wissen, warum ich mein Konto geschlossen habe und was mich am Rezensieren geärgert hat. Der amerikanische Buchhändler von Jeff Bezos hat zwar viel Kapital, jedoch nicht nur Freunde und ist auch nicht immer günstig, was man im Preisvergleich schnell erkennt.
Allerdings zählt nicht nur das Preisschild, sondern auch ein gewisses Grundvertrauen und der Service. Kleinkram findet man bis auf eBay jedoch nirgendwo besser und sieht man von vielen zweifelhaften Bewertungen ab, kann man mit gesundem Menschenverstand schon erkennen, ob Produkte was taugen oder nicht. Wäre da nicht der Umstand, dass nicht selten Retouren als neu verkauft würden, was laut einiger Kundenbewertungen nicht nur mir passiert sein soll. Vor etwas über einem Jahr habe ich meinen Amazon-Account geschlossen und würde mich jetzt nicht mehr als Kunde bezeichnen, Immerhin sind die meisten zufrieden und ich zähle mich als solcher bereits seit 2001 und die Probleme im Vergleich zum Gesamtvolumen waren zwar essenziell, jedoch zugegeben vergleichsweise gering. Vorbestellen werde ich bei Amazon jedenfalls nichts mehr und nach Möglichkeit den Kauf über Drittanbieter vermeiden und stets die Preise mit eBay vergleichen. Produkte können häufig auch direkt beim Hersteller oder Anbieter bezogen werden, der dadurch die hohen Provisionen der Handelsplattformen einspart. Gerade Medien lassen sich anderswo ebenfalls beziehen und für Elektronik gibt es genügend etablierte Alternativen. Doch kann nicht jeder, was Amazon kann, so hatte ich mein Ladekabel für die Apple Watch vergessen. In Hamburg gab es daher für mich nur die Lösung, mir ein neues Kabel per SameDay-Lieferung zusenden zu lassen, die fünf Euro Aufschlag waren günstiger als das Original. Ein Familienkonto musste dafür herhalten, das war in diesem Fall die einzige Möglichkeit.
Ohne Amazon und den damit verbundenen Bequemlichkeitsfaktor vergleicht man natürlich ausführlicher. Das habe ich dieses Jahr getan und stellte fest, dass Amazon zwar im Preisvergleich hier und da mal günstiger ist, jedoch häufig sogar teurer trotz Preissenkung. Allerdings gibt es auch durchaus Produkte, die man nirgendwo sonst findet. So muss man schon ehrlich sein und konstatieren, dass ohne Amazon zwar vieles, nicht jedoch alles geht. Trotzdem wollte ich mein Konto schließen lassen, weil ich prinzipiell einen Gedanken konsequent zu Ende führe und deshalb auch die Affiliate-Links entfernt habe. Als ursächlich kann durchaus die mangelnde Kommunikationsbereitschaft Seitens Amazon gelten. Verbesserung erfuhr diese leider erst ab dem Moment, als ich mich als Journalist vorgestellt habe und in dieser Eigenschaft auch den Datenschutzbeauftragten fragte, wieso sich Amazon nicht an die gültige Datenschutzgrundverordnung hält.
Recht auf Vergessen wurde missachtet
Eigentlich wäre ich mit der Kontoschließung zufrieden gewesen, wenn der eifrige Kundenservice meine Bedingungen umgesetzt hätte. So wollte ich Rechnungskopien meiner Käufe, auf die ich keinen Zugriff mehr haben würde, ebenso erwartete ich das vollständige Löschen aller Bewertungen und zugehöriger Profilseite. Gemäß Art. 18 DSGVO habe ich mit Ausnahme von Verkehrsdaten ein Recht auf Vergessen, das Amazon jedoch nicht berücksichtigt hat. Mir stellte sich nun die Frage, was wohl schief gelaufen sein könnte.
Dass meine Daten noch öffentlich zugänglich waren, bemerkte ich nicht sofort. Ich wunderte mich jedoch, dass ich weiterhin Bewerbungen von chinesischen Unternehmen erhielt, die fortwährend um Produktrezensionen bitten. Beim Stöbern fand ich schließlich Rezensionen unter meinem Klarnamen, die nach meiner Ansicht nicht mehr existieren dürften. Eine Google-Suche reichte aus, um meine immer noch aktive Profilseite aufzufinden. Das ging mir entschieden zu weit und ich drohte nicht zuletzt mit Art. 17 DSGVO, denn es wäre zu klären, ob hier nicht sogar ein Schmerzensgeldanspruch meinerseits bestünde. Immerhin veröffentlicht Amazon ein Bild, obwohl hierzu keine Erlaubnis meinerseits besteht, allerhöchstens rückwirkend. Eine Mail an den Kundenservice blieb unbeantwortet, es passierte folglich nichts. So wendete ich mich gegen Mitte August an die Pressestelle und fragte nach, wieso es passiert, dass Amazon diesbezüglich auf Kundenwünsche nicht eingeht, zumal auch die als Bedingung zur Kontoschließung gestellten Rechnungskopien meiner Käufe nicht übersendet wurden. Daraufhin erhielt ich eine Antwort, dass noch Zeit zur Bearbeitung benötigt würde und schrieb kurz darauf ergänzend dem Datenschutzbeauftragten von Amazon. Dass personenbezogene Daten veröffentlicht wurden, einschließlich einer Homepage und E-Mail-Adresse, die ich selbst nicht ändern kann, ist dafür Grund genug.
Der Rückruf
Schließlich passierte etwas, Ende September erhielt ich den Anruf eines netten Mitarbeiters, mit dem ich den Sachverhalt erörtert habe. Dieser war natürlich nur über das Nötigste informiert und setzte mich davon in Kenntnis, das ein USB-Stick mit allen Rechnungsdaten an mich unterwegs sei und ein Kennwort zur Entschlüsselung per E-Mail übersandt wurde. Man könne Rechnungen nicht unverschlüsselt verschicken, was schon seltsam ist. Oder ist mir entgangen, dass Amazon stets Rechnungen als Einwurfeinschreiben verschickt hat? Ich erzählte ihm den ganzen Sachverhalt und musste darüber etwas schmunzeln. Genau genommen ist es schon kurios, wobei die Frage nach dem Fehler im System noch offen blieb.
So erhielt ich prompt die angekündigte E-Mail, mit deren Beantwortung und einem einfachen Ja ich dem Löschvorgang hätte zustimmen können. Das ist übrigens auch etwas unsicher, denn wer weiß schon, ob nur ich Zugriff auf meine Mails habe? Ich verneinte und beschrieb in knappen Worten nochmal kurz den Sachverhalt und zeigte mich einverstanden, wenn ich Zugriff auf mein altes Konto erhalten würde. Mich interessierte nach wie vor, was eigentlich dem Löschen im Wege stand. Zwischenzeitlich und zum Test, ob Amazon mich als Kunde wiedererkennt, legte ich unter meiner E-Mail-Adresse ein neues Konto mit dem Namen „Hallo“ an. Das funktionierte, aber ich stand in einem leeren Account und erhielt somit nicht den gewünschten Zugriff auf meine Profilseite.
Schließen heißt nicht Löschen
Am 30. September erhielt ich einen weiteren Anruf eines ebenfalls tüchtigen Mitarbeiters, der sich mit meinem Anliegen befasst hat. Meine Bedingungen, dass ich das neue Konto „Hallo“ löschen und in das alte ersetzen lassen wollte, kam er nach. Das ging ganz schnell und außer Anschrift und Zahlungsdaten war alles vorhanden, selbst meine Handynummer funktionierte zur Bestätigung des Zugriffs auf mein Konto.
Ich fragte nach, worin das Problem bestand und warum Amazon meinen Forderungen nicht nachgekommen ist, meine Inhalte ausgenommen von Verkehrsdaten zum Zwecke der Finanzwirtschaft zu löschen. Die Antwort ist einfach, so beinhaltet die Kontoschließung nicht das Löschen der Daten. So hat der Kundenservice zwar keinen Zugriff mehr auf diese, Amazon speichert sie jedoch weiter. So ist es unvermeidlich, die Löschung der Daten anstelle der Kontoschließung zu beauftragen,das habe ich jedoch ursprünglich unter Berücksichtigung von Art. 18 DSGVO getan. Warum das nicht ausgeführt wurde, bleibt weiterhin ein Rätsel.
Ein Amazon-Konto kann man als Kunde derzeit grundsätzlich nicht selbst löschen. Dies hat Vor- und Nachteile, als Vorteil kann durchaus gelten, dass man mit einem unvorsichtigen Schließen alle Bücher, Downloads und weitere digitale Inhalte verliert. Bei Microsoft, Apple und Google klappt dies beispielsweise, dann aber auch mit dem Verlust aller gekaufter und abonnierter Medien. Dass man digitale Inhalte weder verkaufen, noch ungebunden an bestimmte Konten nutzen kann, habe ich in diesem Artikel zu Spotify bereits begründet. Während man sich bei Apple und Google alle persönlichen Daten und ungeschützte Inhalte als Paket herunterladen kann, klappt dies bei Amazon nicht. Hierauf müsste der Kundenservice ausdrücklich hinweisen und vor der Schließung anbieten, diese Daten zu erhalten. In meinem Fall passierte dies nicht und ich ließ es darauf ankommen, dass der eifrige Mitarbeiter innerhalb von fünf Minuten das 17 Jahre alte KOnto platt gemacht hat.
Fazit
Amazon ist und bleibt ein seltsamer Weggefährte. Warum ein US-amerikanisches Unternehmen in Europa trotz DSGVO so willkürlich handeln kann und den Dialog erst auf Nachdruck sucht, ist aus meiner Sicht unverständlich. So hätte der Konzern vor der Kontoschließung vielleicht bei einem langjährigen Kunden Wiedergutmachung erreichen können, offenbar fehlt jedoch dafür die notwendige Empathie. Ob es nun konsequent war, das Konto zu reaktivieren, lasse ich mal dahin gestellt. Ebenso, ob ich mich vielleicht doch wieder für das Affiliate-Programm entscheiden werde, auch wenn ich aktuell nicht davon ausgehe. Die Umstände, die vor Allem für Amazon zu diesem immensen Aufwand führten, hätten mit einem transparenten Dialog vermieden werden können. Was für mich lediglich nervig ist, kann Kunden ohne Hintergrundwissen überfordern. Amazon empfehle ich jedenfalls, nicht so zu tun, als ob es eine Seltenheit wäre, dass Kunden ihre Konten schließen. Das Recht auf Vergessen gilt auch abseits von Europa und ein guter Dialog kann langfristig auch Kunden binden. Hätte mir Amazon die in diesem Artikel beschriebenen Hinsendekosten erstattet, wäre es dem Konzern deutlich günstiger gekommen. Drauflegen musste ich immerhin nichts, zumal ich durch Produktsuchen abseits von Amazon in diesem Jahr bares Geld einsparen konnte und sich auch mein Kaufverhalten deutlich verändert hat. Dies wird sich auch trotz wiedererlangtem Amazon-Konto nicht ändern.
Dass der Konzern zu Gunsten der Umwelt auf gedruckte Rechnungen verzichtet, finde ich sehr lobenswert. Dass diese jedoch nicht als digitale Kopie den Versandbestätigungen beiliegen, erklärt sich nicht und ist eine Tugend, die deutsche Versandhäuser durchaus beherrschen. So ist zum einen das einzelne Herunterladen im Kundencenter bei Amazon mühsam, zum anderen führen vernichtete Rechnungen zu wertvolleren Gütern auch zur Entwertung oder Unmöglichkeit, Garantieansprüche gegenüber den Herstellern durchzusetzen. Dass Amazon trotz Kritik der letzten Jahre nichts daran ändert und sich in grundlegenden Punkten verbessert, wird wohl ein Geheimnis bleiben. Immerhin habe ich am Ende einen kostenlosen USB-Stick erhalten, das relativiert die Sache etwas. Fair möchte ich dennoch bleiben, denn Amazon hat auch hochpreisige Artikel anstandslos getauscht und sich auch kulant bei Rückerstattungen von Drittanbietern gezeigt. Doch habe ich das Gefühl, dass der Wachstum zu Lasten der Qualität geht, die grundsätzlichen Probleme bei den Arbeitsbedingungen mal ganz außen vor. So kann ich jeden verstehen, der bei Amazon einkauft und jeden, der Amazon aus Prinzip meidet. Ein gesundes Mittelmaß ist sicherlich die beste Lösung und in meinem Fall zu akzeptieren. Eine Entschuldigung für die ganzen Umstände ist übrigens nicht erfolgt.
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