Wie uns die moderne Technik bestimmt

Letzte Aktualisierung am 3. Januar 2020

Aktuell hat die ARD die Themenwoche „Zukunft der Arbeit“ auserkoren und verheizt sämtliche Sendezeit mit mehr oder weniger sinnfreien Gedankenspielen. Das begann bereits am Sonntag bei Anne Will und setzt sich auch täglich in vielen Sendern fort, wobei die oberflächliche Betrachtungsweise ein Vermischen der Dinge unvermeidbar macht. So saßen sich notorische Gegner ohne Kommunikationsvermögen den einseitig denkenden Bloggern gegenüber. Es war mir schon von Anfang an klar, dass diese Sendung mehr Plattitüden als neue Erkenntnisse liefern würde. So war zu erwarten, dass sowohl die Medien, als auch die Gesprächspartner, durch oberflächliche Verallgemeinerungen begrenzt durch Sendezeit und Verständlichkeit es nicht schaffen würden, Positionen zu beziehen und einen roten Faden zu spinnen. Das ist anders auch nicht machbar, wenn man das Thema quasi in der Mitte anpackt und vergisst, zu sortieren. Zudem ist auch ein Blick in die Vergangenheit sinnvoll, um die zukünftigen Möglichkeiten besser und realistischer einschätzen zu können. Ein vielleicht gesellschaftsfähiges selbstfahrendes Auto oder ein Roboter als Altenpfleger in einem Land wie Japan, das Technologien grundsätzlich mental anders gegenüber steht, reichen sicher nicht für den visionären Blick in die Zukunft aus. Ich will es besser machen und möchte in diesem Beitrag meine Sicht der Dinge gebührenfrei und vor Allem als nicht ausgewiesener Experte realistisch darstellen. Und dabei beginne ich am Anfang und gehe der Frage nach, ob wirklich wir die Technik bestimmen oder umgekehrt. Allerdings kann man dies auch als Plattitüde sehen, denn natürlich stehen hinter der Technik Menschen und Konzerne, die wirtschaftlich denken und uns in eine vorbestimmte Richtung leiten. Dabei ist es zunächst unerheblich, ob dies im privaten oder beruflichen Bereich geschieht.

Ich habe Inzwischen aufgehört, mir irgendwelche fiktionalen Gedanken über die Zukunft zu machen, denn das machen andere schon genug. So zeigte sich in der Vergangenheit, dass hypothetische Trends in Überlegungen gar nicht einfließen können, weil die technischen Ansätze schlichtweg noch nicht existieren. Anders ausgedrückt, ist es im Science Fiction sehr leicht, physikalische Grenzen durch imaginäre Technik zu überwinden. Nehmen wir die Serie „Knight Rider“ als Beispiel, selbstfahrende Autos denken heute nicht intelligent, sondern lassen bestimmte Möglichkeiten ablaufen und entscheiden nur nach Vorgaben. Auch mit der Uhr sprechen kann man heute zwar, allerdings diente sie in der Serie nur als Funkfernsprecher zum Fahrzeug und war somit in der Reichweite begrenzt. Daran kann man schön erkennen, dass es schon immer utopische Wünsche gab, die auf praktischen Kenntnissen beruhen. In den 80er Jahren wusste man, dass es sowohl Uhren mit Mehrwert gibt, als auch Sprachausgaben und kleine Bildschirme. Man wusste damals jedoch nicht, dass ein Smartphone heutzutage die Leistungsfähigkeit eines damaligen Rechners selbst im Akkubetrieb maßgeblich übersteigt. Und trotzdem kann dieses nicht selbständig denken, hat aber durch die ständige Vernetzung Zugriff auf unendlich viele Informationen. Das Auto in der Serie konnte sich auch in alle möglichen Rechner einwählen, allerdings ist für eine Filmproduktion nicht erforderlich, sich die technische Realisation ebenfalls ausdenken zu müssen.

Im Ethik-Unterricht in der Oberstufe hatte ich mich im Jahr 1995 heftig mit einem Lehrer darüber gestritten, ob die Menschen in einigen Jahren unter Cyber-Helmen verschwinden und die Realität ausblenden würden. Dieser Lehrer hatte zwar einerseits Kenntnisse von philosophischen Betrachtungen, andererseits fehlte ihm jedoch das Fachverständnis zur Beurteilung technischer Zusammenhänge. Wer sich erinnert, denkt vermutlich noch an die ersten niedrig auflösenden 3D-Brillen mit stereoskopischen Bildern und Grafikkarten, deren Leistung nicht im Ansatz die Möglichkeiten heutiger Produkte bieten. Der Weg zur Echtzeitberechnung war begrenzt und hatte rein gar nichts mit der realistischen Darstellung zu tun. Erst heute ist diese in 3D möglich, jedoch ist der Begriff Cyberspace nicht mehr so omnipräsent, weil andere Trends im Fokus stehen. Industriell jedoch, beispielsweise im Flugzeugbau oder der Medizin, werden 3D-Brillen eingesetzt, auch das ist erst seit einigen Jahren richtig gut möglich. Dem Konsumenten begegnen virtuelle Brillen hauptsächlich im Marketing, beispielsweise zur virtuellen Bad- oder Küchenplanung. Trotzdem hatte dieser Lehrer im Grunde nicht ganz unrecht, auch wenn der Realitätsverlust ganz ohne Cyberspace durch Internet und Smartphones in manchen Bereichen zu beobachten ist.

Dieses Beispiel zeigt sehr schön, dass man sicher aufgrund von Entwicklungen gewisse Trends ableiten kann, vollautonome Fahrzeuge sind ja auch keine gegenwärtige Erfindung und existieren in anderer Form schon etwas länger. Bleiben wir beim autonomen Fahren, ist das beispielsweise eine Technologie, die aktuell hoch im Kurs ist und technisch funktioniert, deren tatsächlicher Nutzwert in der Zukunft heute gar nicht absehbar ist. Ansonsten würden sich Rennspiele nicht verkaufen und ebenfalls keine sportlichen Fahrzeuge. Das bedeutet, dass nicht jede technisch machbare Lösung auch tatsächlich exakt so in den Alltag einfließen muss. Als Beispiel haben sich die Sprachausgabesysteme zwar weiter entwickelt, aber schon im Jahr 2003 hatte mich Loquendo mit einer atmenden und hustenden Stimme überrascht, auch Acapela hat solche Stimmen inzwischen im Angebot. Trotzdem aber werden sie in Assistenzsystemen nicht eingesetzt, da diese nicht im Stande wären, die Betonung anhand der Informationen entsprechend wählen zu können. Ansätze sind da, mehr aber auch nicht. Von neuronalen Netzen und Quantencomputern im Alltag sind wir noch weit entfernt, auch das Deep Learning beschreibt in letzter Konsequenz nur Situationen und keine spontanen Reaktionen der Digitaltechnik. Trotzdem wirken manche Berichte über die Gegenwart und Zukunft sehr spektakulär und vermitteln, dass gewisse Technologien bereits heute möglich seien und in zehn Jahren die Berufswelt nachhaltig verändern werden.

In japanischen Hotels werden bereits Roboter als Portier eingesetzt, in Hamburg steht das intelligenteste Haus Deutschlands. Und das beeindruckt nicht wirklich, wenn man wie ich auf der EXPO 2000 in Hannover die scheinbar intelligenten Roboter-Eier bewundert hat, die sich Menschen zuwandten und auf ihren Displays Informationen zeigten. Mit einer aufwendigen Sensorik konnten sie sogar Kollisionen vermeiden. Die Roboter-Eier wurden irgendwann versteigert und waren für die damalige Zeit hoch technologisch und künstlerisch anspruchsvoll. Auch andere Produkte hatten ein ähnliches Konzept, der Roboter-Hund AIBO von Sony erfreute viele Freunde von Haustieren, die aber selbst keinen Hund halten wollten. Wenn man die Rechenleistung heutiger Computer vernachlässigt, könnte man anzweifeln, dass wir heute sehr viel weiter sind, als wir damals schon waren. Denn die grundlegenden Probleme der Kommunikation, wie emotionale Sprachausgaben und hoch entwickelte Spracherkennung, die auch Emotionen auswerten, stehen gerade mal am Anfang. Bei der Schriftform ist das anders, hier begegnen uns aktuell schon Systeme, die Wort und Bild analysieren können. Im Internet sind heute schon viele solcher Roboter aktiv, die Forenbeiträge oder Artikel automatisiert auf Basis von Informationen im Netz verfassen. Das gehört ebenso zum Alltag, wie Wahlroboter, die es in Amerika schon Jahre gibt und die ich persönlich als gruselig empfinde. Es wäre nicht auszudenken, wie ein gezielter Einsatz eines Textroboters durch geschickt platzierte Beiträge und modifizierte Reaktionen die Meinung der Masse beeinflussen kann oder vielleicht aktuell schon tut. Meinungsmanipulationen sind auf diese Weise im großen Stil bereits möglich, vor Allem ohne Cyberspace und Sprachsteuerung.

Pro und Kontra Technik

Ich möchte im Folgenden keine Angst vor technischen Möglichkeiten schüren, dafür aber zurückblicken und aufzeigen, warum sich Trends meiner Ansicht nach gebildet haben und weshalb die moderne Technik nicht unbedingt so förderlich ist, als die Technik vor 30 Jahren. Dies kann ich am Besten mit meinen Erfahrungen begründen, die mir zumindest nach meiner Auffassung nicht geschadet haben. Ob das die heutigen Kinder in 30 Jahren auch schreiben werden, bleibt indes abzuwarten. Während Befürworter grundsätzlich Chancen in der modernen Technik sehen, gibt es auch die Gegner, die in zwei Gruppen unterteilt werden können. Zum einen ist da die ältere Generation, die mit der Technik nicht aufgewachsen ist und generell Neuem skeptisch gegenüber steht. Die andere Gruppe sind jüngere Zeitgenossen, die entweder aus eigener Erfahrung oder Beobachtung die moderne Technik kennen und verstehen, sie aber nicht nutzen wollen oder sogar davor warnen, weil sie die Konsequenzen aus der Nutzung nachhaltig ableiten können. Bei den Befürwortern handelt es sich zumeist um aktive Nutzer, die sich vielleicht selbst der Technik zu sehr hingegeben haben, so dass eine objektive Betrachtung aufgrund der eigenen Wahrnehmung nicht wertfrei möglich ist. Ein Spieleentwickler würde kaum riesige Probleme und Suchtpotential in der Nutzung von Computerspielen sehen, während ein Neurologe die moderne Technik zwar medizinisch nutzt, sie jedoch nicht im Freizeitbereich befürwortet. Bei der Bewertung der Sinnhaftigkeit von Technologien machen Befürworter und Gegner oft den Fehler, nicht zwischen der Technik als Medium selbst, den Inhalten und der Wirkungsweise klar zu differenzieren. So ist ein Smartphone oder Computer erst mal ein toter Gegenstand, der durch Inhalte zum Leben erweckt wird. Und ab hier beginnt das Problem und es muss überlegt werden, ob man pauschal die Technik als sinnvoll oder unsinnig beschreiben kann. Legt man 100 aktiv genutzte Smartphones nebeneinander, würde vermutlich schnell deutlich werden, weshalb dies so schwierig ist. So nutzt jeder Anwender verschiedene Apps und löst damit individuelle Aufgaben, weshalb die Technik zunächst als wertfreies Medium zu bewerten ist.

Machen digitale Medien wirklich doof?

Bleiben wir bei der Differenzierung zwischen der Technik als Medium und den unterschiedlichen Inhalten, hat sich über die letzten Jahrzehnte eine Menge verändert. Um dies zu beschreiben, blicke ich zurück in meine ganz persönliche Anfangszeit. Es begann bei mir vor über 30 Jahren, als ich mit etwa 11 Jahre meinen ersten Homecomputer geschenkt bekam. Ein Philips VG-8020 (MSX 1), der mit Kassetten gefüttert wurde und dessen Basic-Interpreter von Microsoft nach dem Einschalten Befehle über die Tastatur von mir erwartete. Eine integrierte Hilfe gab es nicht, lediglich die 10 Funktionstasten waren mit Befehlen vordefiniert. Dass man aber ein Binärprogramm nicht mit „load“ sondern mit „bload“ laden musste, stand nirgends dran. Es gab weder Apps, noch einen Store und schon gar kein Internet. Die Programme wurden, sofern das Band sauber und nicht von Bandstellen übersäht war und der Gleichlauf des Kassettenrekorders gut lief, nach Minuten Wartezeit in den Speicher geladen. Schaltete man den Computer aus, war alles weg. Das wurde mir später zum Verhängnis, als ich aus pädagogischen Gründen eine Zeitschaltuhr auf 22:00 Uhr einstellte und diese das Abschalten für mich übernahm, nachdem ich einen seitenweisen Programmcode abgetippt und ich die Sicherung auf Band vergessen hatte. Meinen ersten Personal Computer bekam ich mit 15, hatte aber schon einige Jahre Vorerfahrung. Im Schulalltag gab es Computer, in einer Blinden- und Sehbehindertenschule war dies schließlich damals wichtiger denn je. Wir waren auch eine der ersten Einrichtungen, die über das Schulen ans Netz-Projekt eingebunden war, unsere BLISTA-Mailbox stellte einen wichtigen Knotenpunkt im ODS dar. Wir administrierten die Mailbox, halfen das Netzwerk mit aufzubauen, unterrichteten Mitschüler und so war der Grundstein für mich gelegt. Damals wie heute kann ich nicht sagen, wie viele Stunden ich am Computer verbringe, dabei gerät Spielen und Daddeln ins Hintertreffen. Für mich ist er ein Medium: Vorlesegerät, Tageszeitung, Kommunikationsschnittstelle und Musikbox, auch wenn viele dieser Funktionen inzwischen mobil geworden sind. Und wenn man wie ich seit Jahrzehnten im Bereich für Hilfstechnologien für behinderte Menschen tätig ist, schmunzelt man gerne über Heimautomation. Denn das gab es schon vor vielen Jahren, wenn auch etwas anders und sehr beschränkt. Heute spricht man über assistive Technologien im Verbindung mit Arbeitsplätzen, die durch Roboter und Technik ersetzt werden sollen, doch eigentlich ist diese Diskussion Jahrzehnte alt, dazu komme ich später noch. Zunächst möchte ich meine Lebenserfahrung mit derer heute junger Menschen vergleichen und die Frage klären, ob wirklich jedes Kind einen Computer nutzen muss.

Während in den 80er Jahren die Computer noch einfache Rechenwerkzeuge mit Mehrwert waren, hat es die Industrie inzwischen geschafft, Barrieren der Usability – also der Nutzbarkeit – abzubauen. In der praktischen Informatik spricht man von der Mensch-Maschine-Schnittstelle, die aus Ein- und Ausgabe besteht. Und während der Mensch diese kognitiven Fähigkeiten in sich vereint, verteilen sich diese Elemente auf mehrere Komponenten: Tastatur, Maus, Bildschirm. Daher sind Grundkenntnisse zur Bedienung eines Computers notwendig, Tastatur und Maus wollen beherrscht und der Inhalt des Displays verstanden werden. Vor Allem Apple hat sich diesem Problem angenommen, begann zunächst mit farbenfroher Hardware in Gestalt des iMac, die auch vielfach kopiert wurde, sich aber nicht durchgesetzt hat. Heute erleben wir mit Smartphones und Tablets eine All-in-One-Lösung, die sämtliche Bedienkonzepte vereint und selbst das Schreiben von Texten ist auf Zuruf möglich. Für behinderte Menschen ein Segen, aber auch für Menschen mit Lese- und Rechtschreibschwäche. Die Philosophie von Apple, dass jeder Mensch den Computer bedienen kann, ging auf. Und nicht nur das, denn man hat plötzlich viele Geräte simuliert, die man früher als eigenständig haben musste. So war der Game Boy als erfolgreichste Handheld-Konsole von Nintendo reduziert auf die vorhandenen Spiele, die zudem einzeln viel Geld gekostet haben. Heute ist ein Tablet nicht nur Handheld-Konsole, sondern auch Medienspieler, Steuergerät, Kommunikationszentrale und Musikinstrument. So lassen sich viele klassische Synthesizer simulieren, die zu ihrer Glanzzeit sehr viel Geld gekostet und Platz benötigt hätten. Heute hingegen kann man für wenige Euro in den Genuss vieler Dinge kommen, die man sich früher hätte nicht leisten können. Und diese altern auch nicht, denn auch nach dem Austausch der Hardware stehen sie weiter zur Verfügung.

Manche sind der Ansicht, jeder müsste heutzutage programmieren können. Dann aber müsste auch jeder im Stande sein, sich ein eigenes Auto zu bauen, Felder zu bestellen oder Tiere zu schlachten. Vergleicht man aber die Anfangszeit des Computers, gibt es einen wesentlichen Unterschied. Während damals die Computer inhaltslos waren und man sich selbst um die Erweiterungen von Funktionen bemühen musste, geht es heute weniger um fiktive Ziele. Smartphones sind konkrete Hilfsmittel und lassen sich einfach erweitern, so dass diese in den Alltag eingebunden werden. Der heimische Computer der Frühzeit war eine Mischung aus Experimentierbaukasten, Spielkonsole und Zeitvertreib. Die heutigen Anwender programmieren nicht mehr, sondern sie benutzen die Geräte als Basis und Schnittstelle zu Diensten und Anwendungen. Das macht sicher nicht schlau, da die Inhalte im Gegensatz zu früher als fertiges Konzept vorliegen und lediglich die Verwendung erlernt werden muss. Das Internet trägt hierzu natürlich deutlich bei und nicht zuletzt die Industrie, welche inzwischen Bedürfnisse und Wünsche vordefiniert. Es wäre wohl niemand auf die Idee gekommen, einem Pokemon hinterher zu laufen, wenn nicht die Entwickler dieses Spiel programmiert hätten. Dabei kommen noch die Faktoren hinzu, dass durch das Internet eine kontinuierliche Fremdbestimmung möglich ist und es auch durch neue Spielgefährten andere Herausforderungen gibt. Während 1978 bei Space Invaders schon ab Beginn des Spiels feststeht, dass man nicht gewinnen kann und es nur auf die Anzahl erspielter Punkte ankommt, gibt es heute kein finales Ende mehr. Die Steigerungen beruhen auf neuen Inhalten, die Spieleentwickler nachträglich hinzufügen und somit eine latente Abhängigkeit forcieren können. Verdient wird durch Werbung oder den Anreiz mit hohen Schwierigkeiten, sich den Weg zur nächsten Ebene freizukaufen. Und ist das Spiel dann doch mal langweilig, kommt man mit der nächsten Idee. Bei sozialen Netzwerken beobachte ich einen ähnlichen Trend, alle paar Jahre wechselt das Produkt, aber die Inhalte bleiben gleich. Besonders bei Facebook ist, dass dieser Trend schon lange anhält, der allerdings auch durch Politik und Medien aktiv unterstützt wird: Muss denn jede Partei oder Rundfunksender eine Facebook-Seite haben? Es ist grotesk, wenn man beispielsweise, wie im Sommer 2016 in der Call-In-Sendung WDR2 Arena, über Spiele und deren Abhängigkeit diskutiert und am Schluss auf die Facebook-Seite verwiesen wird. Verdient wird durch gezielte Werbung und dadurch, dass das Nutzerverhalten sehr engmaschig überwacht und Persönlichkeitsprofile erstellt werden. Was viele auch nicht wissen ist, dass auf diese Weise auch die Schwächen des Nutzers durch individuelles Verhalten analysiert werden können. Das ist zusätzlich für die Wirtschaft attraktiv und Jeder kann das vielleicht bei sich selbst nachvollziehen. Bei mir hält ein Trend nur begrenzt an, so habe ich Facebook verlassen, bevor es richtig populär wurde. Warum die wenigsten Menschen so denken, ist mir nicht klar, vielleicht ein Kollektivgedanke oder doch eine gewisse Abhängigkeit. Und das bei jungen Leuten, die sich im Straßenverkehr optisch und akustisch durch Ohrstöpsel ausklinken und der Realität entfliehen, so dass Städte schon über ebenerdige Ampeleinrichtungen nachdenken.

Ab diesem Punkt ist für mich bewiesen, dass man sich offenbar der damit verbundenen Gefahren bewusst ist, keiner aber die Ursachen bekämpfen will. Ein Unterrichtsfach Medienkompetenz ist seit über 15 Jahren überfällig und man denkt immer noch über Inhalte nach, die sich in den nächsten Jahren längst verändert haben werden. Mein Fazit ist, dass Smartphones und das Internet sehr wohl nicht in Kinderhände gehört, es sei denn, man sichert die Infrastruktur vernünftig ab. Und da fehlt es häufig an der Kompetenz der Eltern, die lieber wegschauen, als wachsam bleiben.

Die sich verändernde Arbeitswelt

Wenn man sich mit diesem Thema auseinandersetzt, muss man Informationen unbedingt sehr kritisch und differenziert betrachten. Zum Einen berichtet die Industrie, für die das Thema ein unglaubliches Marketinginstrument ist. Moderne Prozesssteuerungs- und Fertigungssysteme, In-Time-Produktion und schnelle Reaktionsfähigkeit auf Marktveränderungen sind gute und wichtige Eigenschaften, mit denen man sich von den Mitbewerbern abheben kann. Zum Anderen gibt es Forschungen und Entwicklungen, technische und soziologische Betrachtungen in Verbindung mit Statistiekn. Hier ist besonders wichtig zu hinterfragen, wer diese Projekte in Auftrag gegeben hat und welches Ziel mit dem Ergebnis verfolgt wird. Derzeit scheint es, als dass nichts ohne Industrie 4.0 geht und soziale Überlegungen, wie der massenhafte Verlust von Arbeitsplätzen und vollautomatisierte Produktionsprozesse, IoT (Internet der Dinge) und andere Aspekte rücken stark in den Fokus. Im Ergebnis ist aber die Frage viel wichtiger, wie vor Allem diese sich als überaus modern bezeichnenden Unternehmen tatsächlich in der Praxis arbeiten. „Man kann den Menschen nur vor den Kopf gucken, nicht in den Kopf“, trifft hier besonders zu und spricht man mit Mitarbeitern, kann man sich über manche Geschichten im Kontrast zu den Werbebotschaften schon sehr wundern.

Besonders die Diskussionen um selbstfahrende Autos dürften initial dafür verantwortlich gezeichnet haben, dass nun auch das Thema Digitalisierung und Industrie 4.0 bei der Gesellschaft angekommen ist. Dabei fragen sich die Wenigsten, was eigentlich in den letzten 30 Jahren passiert ist. So erleben wir in der Logistik das Internet der Dinge, die Unmengen an Paketen kann ja auch keiner mehr per Hand sortieren. Weiterhin ist der Plattenladen fast obsolet, auch Bücher bezieht man im Internet oder auf dem E-Book-Reader. Drogerien und Versandhäuser meldeten Insolvenz an, die Jahrzehnte überlebten, aber moderne Trends nicht sinnvoll umgesetzt haben. Auch braucht es weniger an Printmedien, selbst Bahnfahrkarten kaufen wir längst nicht mehr am Schalter. Und da fragen sich heute Menschen, was in 10 Jahren ist ohne zu erkennen, dass wir einem fortwährendem Trend unterliegen? Ein Trend, der nicht nur durch die Technologie bestimmt wird, sondern auch durch unsere Lebensweise. Wir arbeiten mehr, sind weniger zuhause, Kneipen wurden durch Rauchverbot kaputt gemacht, also kauft man Getränke abends im Supermarkt. Shoppen gehen dauert einen Vormittag, Bestellen kann man nebenbei auf dem Sofa. Und da wir vermehrt alle auf flächendeckende Trends aufsetzen, müssen Firmen unsere Bedürfnisse schneller befriedigen. Das sind wir gewohnt, ein Problem muss On-Demand gelöst werden und nicht in zwei Tagen. Grotesk ist auch, dass sämtliche Handwerksbetriebe kaum noch existieren, die man früher oft vorfand. In meiner Kindheit gab es in der Hannoveraner Südstadt einen Schuster, einen Maler und auch einen Uhrmacher kenne ich aus meiner Kindheit noch. Juweliere gibt es, weil schön wollen wir ja sein, aber wer repariert heute handwerklich eine Uhr, besohlt die Schuhe (außer die üblichen Ketten), oder verkauft Werkzeug oder Farbe? Das machen längst die Baumärkte und vereinen somit viele Händler unter einem Dach. Auch Fernseher kaufen wir im Fachmarkt, ist er kaputt, wird ein neuer finanziert und der alte wird in der Bucht versetzt. Das haben wir durch unser Verhalten so bestimmt und genau das steht für Veränderungen. Der Mensch heute ist nicht mehr kommunikativ, sie sitzen in Restaurants mit Smartphones nebeneinander. Ein konkretes Interesse an Menschen besteht wenig, komplexe Aussagen müssen in maximal zwei Sätzen abgehandelt sein.

– Dass man heute über die Technologie von Morgen spricht, ohne die Vergangenheit in der Diskussion zu berücksichtigen, verwundert mich und zeigt mir, dass eine gewisse Oberflächlichkeit nicht mehr in Abrede zu stellen ist. Kein Wunder, denn während ich früher um 14 CDs besaß, kann ich heute auf 40 Millionen Titel zurückgreifen mit dem Ergebnis, dass ich durchschnittlich weniger Musik höre als früher. Eine CD mehrmals anhören, das war früher üblich, heute eher selten. Und dieser Trend verändert uns, nimmt uns den geistigen Freiraum und schränkt uns ein. Da ist es doch naheliegend, dass man uns durch Maschinen in Bereichen ersetzen muss, da wir nicht mehr gewohnt sind, uns mit Ein und Demselben zu befassen. Wenn wir zudem erwarten, für Leistungen weniger bezahlen zu wollen, wer wird dann noch in ordentliche Arbeit investieren? Das wird Luxusgütern vorbehalten bleiben, aber auch diese kommen schon häufig aus China.

Fazit

Ich möchte nicht schwarzmalen, aber zum Nachdenken anregen. Ich bin mit der Welt sicher nicht unzufrieden, sehe aber hausgemachte Probleme. So lange wir Trends hinterher laufen, uns überall verschenken und alles ohne Frage nach dem Sinn dulden und nutzen, werden wir eine Veränderung der Welt nicht aufhalten, sondern sie begünstigen. Ich bin für moderne Technik, lasse mich begeistern. Aber längst habe ich gelernt, zweimal hinzuschauen und mich mehr nach dem Sinn zu fragen, als mich einer anfänglichen Euphorie hinzugeben. Diesen Reifeprozess muss man durchlaufen und selbst Entscheidungen fällen und diese vor Allem zu verantworten lernen. Und weil wir Menschen sind, machen wir Fehler. Vielleicht im Bereich moderner Techniken sogar mehr als notwendig.

Sei der Erste, der das kommentiert

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert