Geld verdienen mit YouTube: Google ändert Monetarisierungsrichtlinien

Letzte Aktualisierung am 15. April 2018

Der Leitspruch „Don’t be evil“, den Google/Alphabet sich auf die Fahne schreibt und frei übersetzt in Etwa „sei kein Schwein“ bedeutet, scheint nicht mehr das Credo des Weltkonzerns zu sein. Wie auch andere Mitstreiter, die zunächst ihre Kunden mit unrealistisch günstigen Preisen ködern und diese dann schleichend anheben, werden nun die Monetarisierungsrichtlinien auf YouTube verschärft.

Wer YouTube regelmäßig nutzt, kennt die in Videos eingebettete Werbung. Diese als Monetarisierung bezeichnete Funktion des YouTube Partnerprogramms (YPP) ermöglicht es dem Ersteller, seine Arbeit wirtschaftlich etwas zu relativieren. Damit reich werden ist allerdings schwierig, so könnten 20.000 „Views“ vielleicht die Kosten für einen Restaurantbesuch mit zwei Personen abdecken. In meinem Fall konnte ich in zwei Jahren rund 150 Euro an Einnahmen generieren, die sich allerdings aus YouTube und geschalteter Werbung auf merkst.de zusammensetzen. Rechnet man beispielsweise aus, dass man als Werbender pro Klick etwa 0,5 Cent bezahlt, für die Google wiederum 0,01 Cent vergütet, kommt durch die Differenz eine gigantische Summe zustande und es ist klar, dass die Werbeeinnahmen für diese Unternehmen sehr wichtige Marketinginstrumente sind.

Nachdem schon Ende letzten Jahres die angedachten Änderungen der Öffentlichkeit mitgeteilt wurden, hat Google seine Nutzer im Januar 2018 per E-Mail informiert und kleinen YouTubern das Entfernen der Werbeflächen mitgeteilt. Wer nicht mindestens 1.000 Abonnenten und jährlich 4.000 Stunden Video-Streaming vorweisen kann, bekommt nichts mehr vergütet und die Videos werden vermutlich auch ohne Werbung gezeigt. Für den Nutzer hat dies auch einen gewissen Vorteil, weniger Werbung hält ihn länger auf YouTube. Dies ist aber nur die eine Wahrheit, denn vermutlich wird man Videos künftig in die Länge ziehen und dramaturgisch aufbereiten müssen. Auch ist üblich, dass man Follower und Kommentare käuflich erwerben kann, ab sechs Cent bezahlt man pro Abonnent. Immerhin lässt Google einem bis Ende Februar Zeit, die geforderten Mindestanforderungen zu erfüllen, was bei einem Abonnentenstamm von rund 150 Nutzern ohne geldlichen Einsatz kaum zu schaffen ist. Lohnen würde sich dies ebenfalls nicht, weil sich die ausgeschüttete Werbung mit den Investitionen wirtschaftlich relativiert.

Der Pöbel muss weg!

YouTube will sich damit lukrativer für Werbekunden aufstellen und die lustigen Tiervideos von einigen Sekunden los werden. Spammer sollen es zudem schwieriger haben, YouTube für ihre Zwecke zu missbrauchen. Denn wer kein interessanten Content liefert, wird fortan nichts mehr verdienen. Soweit die Theorie, denn in der Praxis wird sich die Qualität eines Videos kaum ausschließlich in Zahlen messen lassen. Aus der Vergangenheit kennen wir die absurdesten Videos, deren Inhalt zwar unglaublich schlecht sind, die aber jeder gesehen haben muss. Faktisch ist nicht jeder YouTuber ein Influencer oder Werbeträger und will vielleicht auch keiner sein, auch reiht sich nicht jeder Blogger in die oberen Riegen ein, weil die berufliche Tätigkeit dies verhindert oder man nicht auf Krampf kurzfristig erfolgreich sein muss. Immerhin ist der Markt von Influencern, zu Deutsch Beeinflusser, ohnehin übersättigt. Das sind diese YouTuber, die grinsend mit gespielter Überzeugung ein Produkt nur deshalb in die Kamera halten und angeblich täglich nutzen, weil sie dafür Geld bekommen. Besonders in der Altersklasse zwischen 13 und 20 Jahren kommt dies gut an, weil diesen Jugendlichen oft die Lebenserfahrung fehlt um zu erkennen, wer es ehrlich meint. Sicher ist Ehrlichkeit im Marketing nicht selten ein Widerspruch, weshalb ich diese Menschen nicht verurteilen will. Trotzdem bleibt ein ehrlich gedrehtes Video über ein Produkt für den Konsumenten die authentischere Werbung, die in den meisten Fällen nicht einmal mehr von YouTube vergütet werden wird. Noch dazu ist zu erwarten, dass man auch in den Suchtreffern relativieren wird, welche Kanäle statistisch mehr gefragt sind, so dass auch die Chancen der Bekanntheit deutlich absinken werden. Auch könnte der Trend dahin gehen, dass besonders Ratgeber und Workshops verschwinden, weil die Autoren hierfür keine Vergütung mehr erhalten und dieses Content dann anderweitig veräußern müssen.

Das Zwei-Klassen-Internet

Während die Industrie inzwischen auch die Lobbyverbände davon überzeugt hat, dass das Internet ein gewinnträchtiger Markt ist, gilt auch die Gleichbehandlung in einer kapitalistischen Welt inzwischen als unwirtschaftlich. Die Entscheidung von YouTube setzt hier ein Schlaglicht und untermauert diese These eindrucksvoll. Denn genau darum geht es, den Werbepartnern garantiert verlässlichen Content zu bieten. Dabei auf Statistiken zu setzen, ist ein wirkungsvolles und effizientes Instrument. Es spielt schließlich keine Rolle, ob ein Video qualitativ gut ist und Informationen liefert, es muss nur häufig betrachtet werden. Geht man von dieser grundsätzlichen Überlegung aus, kann YouTube in der Tat einen hohen Werbeumsatz garantieren.

Facebook denkt hier in die komplett andere Richtung. Betreibe ich eine Seite, habe ich selbst die Möglichkeit, meine Beiträge zu vermarkten. Dabei kommt auch die Datensammelleidenschaft ins Spiel, denn Facebook bietet mir exakte Zielgruppen an, für die ich bewerben will. Das wäre eine Funktion, die ich bei YouTube auch nutzen würde, wenn es sie gäbe. Angesichts dieser Veränderungen wäre auch denkbar, dass Facebook sein Video-Streaming ausbaut und eine alternative Plattform anbietet.

Spannend ist auch die Frage, warum YouTube diese Änderungen radikal in wenigen Wochen durchsetzt. Der Grund scheint auf der Hand zu liegen, denn die Konkurrenz schläft nicht. Längst hat sich Instagram bei Influencern gegenüber YouTube durchgesetzt und so macht die Facebook-Tochter das Geschäft. Daher muss YouTube natürlich schnell handeln, immerhin entgehen monatlich Millionen Einnahmen, die man zurückgewinnen will. Ob sich aber dieses Verhalten noch mit „don’t be evil“ vereinbaren lässt, muss jeder selbst abwägen. Sicherlich reicht diese Entscheidung nicht dazu aus, die YouTube-Zuschauer zur Abkehr zu bewegen, im Gegenteil. Weniger Werbung in bestimmten Bereichen kann schließlich auch reizvoll sein. Die lustigen Katzenfilme sind schließlich nicht mehr erforderlich, denn YouTube ist omnipräsent. Das zeigt auch der Kundenaufstand bei Amazon, als Google kurzfristig die YouTube-App von den Fire-Geräten entfernte. So hallt im Ergebnis das alte Lied nach: Die Übermacht macht übermächtig und dies auf Kosten derer, denen man die Übermacht zu verdanken hat. Geht es schließlich um die Konsumenten, ist jeder Klick ein guter Klick, hier macht Google zumindest keine Unterschiede.

Ob ich meine Videos weiterhin bei YouTube belassen werde, muss sich zeigen. Immerhin bekomme ich einen kostenlosen Speicherplatz, bei SoundCloud bezahlt man ab einer gewissen Menge an Content. Vielleicht sollte Google sich im Gegenzug überlegen, das Streaming dem Endkunden zu berechnen. Dann aber wird YouTube zusammenbrechen und an Attraktivität schnell verloren haben. Weit hergeholt ist das nicht, YouTube Red ist in den USA bereits gestartet. Im Ergebnis bleibt am Ende des Tages die Erkenntnis, dass Social MArketing nur mit Trendsettern und Followern gewinnbringend funktionieren wird. Individualismus und Qualität sind weniger gefragt, eigentlich fast wie in der Wirklichkeit.

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