Barrierefreiheit beim elektronischen Musizieren

Letzte Aktualisierung am 31. Oktober 2024

Mit dem sechsten Artikel wird diese Reihe abgeschlossen und natürlich darf zum Schluss das Thema Musik nicht fehlen, zumal ich mich selbst im Bereich der Studiotechnik und Synthesizer bewege. Ich sehe mich nicht als Musiker, sondern eher als primär technisch interessierter Beobachter der Branche, dem das Thema Zugänglichkeit schon viele Jahre beschäftigt. So kann ich sowohl auf negative, aber auch positive Erfahrungen zurückblicken und illustriere anhand von Beispielen, dass die Barrierefreiheit gelingen kann und warum sie trotzdem meist nicht gelingt. Natürlich ist mir bewusst, dass viele blinde Anwender stark auf die Computermusik fokussiert sind, warum mich diese jedoch weniger interessiert, erfahrt Ihr ebenfalls in folgenden Text.

Seit 2015 gehöre ich zu den Stammautoren von AMAZONA.de und habe viele Tests und Berichte geschrieben, wie den Artikel „Homerecording mit Sehbehinderung oder als Blinder„, den ich 2017 noch vor der Anschaffung meines iMac verfasst habe. Diesen wollte ich längst überarbeitet haben, allerdings gestaltet sich das Ganze aus mehreren Gründen derzeit schwierig. Aufgrund der unzähligen Produkte, die ich für AMAZONA.de testen durfte, konnte ich meine Erfahrungen in diesem Bereich deutlich erweitern. Dabei lege ich großen Schwerpunkt auf reine Hardware und weniger auf Software.

Was sind barrierefreie Musikinstrumente?

Machen wir zunächst ein Gedankenspiel und stellen uns die Frage, ob und welche Instrumente vollblinde Menschen ohne größere Schwierigkeiten beherrschen können. Ein Blick in die 60er und 70er Jahre lohnt sich, denn hier finden wir einfache Antworten. Genau genommen fast alle akustischen Instrumente, quasi alles, was sich mechanisch irgendwie begreifen und spielen lässt. Während Klaviere, Gitarren, Flöten und Trompeten sowie Schlagzeuge genauso dazugehören, könnten jedoch Posaunen und Streichinstrumente aufgrund fehlender Markierungen mit wenig Feingefühl oder intensives Lernen schwieriger zu beherrschen sein. Dass das grundsätzlich geht, möchte ich nicht anzweifeln, allerdings scheinen Tasten- und Zupfinstrumente und natürlich das Singen bei blinden Musikern nicht grundlos beliebter zu sein. Runtergebrochen bedeutet die Barrierefreiheit in der Musik, dass keine Hürden bei der Handhabung auftreten sollten und das ist bei den genannten Instrumentengattungen weitgehend der Fall. Außerdem gibt es natürlich Konzertpianisten und -Organisten, die komplexe Notensätze beherrschen müssen, bei Kirchenorgeln kommen Registrierungen hinzu. Dies ohne phänomenales Gedächtnis oder Registrierungshilfen zu beherrschen, stelle ich mir besonders bei modernen, hoch komplexen Sakralinstrumenten schwierig vor, kann aber gelingen. Immerhin muss man bedenken, dass ein sehender Organist die Noten parallel zum Spiel vor den Augen hat, während der blinde Organist eine dritte Hand zum Lesen der Blindenschriftnoten bräuchte oder alle Stücke komplett auswendig lernen muss.

Martin Akustikgitarre

Während die Handhabung gewöhnlicher und älterer elektronischer Instrumente unproblematisch ist, wird dies bei modernen Synthesizern, Entertainer-Keyboards und besonders bei Software mitunter schwierig. Grundsätzlich kann gelten, je analoger oder einfacher das Instrument beschaffen ist, umso niederschwelliger und barrierefreier ist die Handhabung. Bei Software oder Apps ist das anders, hier müssen Entwickler schon einen Fokus auf die Barrierefreiheit legen und blinde Anwender im Stande sein, vieles im Kopf zu behalten, was Sehende hingegen direkt auf einen Blick erfassen können.

Roland HD-3

Betrachten wir elektronische Schlagzeuge am Beispiel des Roland HD-3. Die Schlagflächen erfassen Impulse über Tonabnehmer und übertragen sie an einen Drumcomputer, der diese in entsprechende Sounds mit passender Nuancierung umsetzt. Im Gegensatz zu (stets lauten) Schlagzeugen ergeben sich zwei Vorteile, so sind einerseits die Drumsounds austauschbar und man kann andererseits auch leise üben. Als ich in den 80er Jahren Schlagzeugunterricht nahm, wäre das ein Traum gewesen und lediglich die fehlende Übungsmöglichkeit in unserem Mietshaus führte dazu, dass ich nach zwei Jahren die Lust verlor. Heute ist das kein Problem mehr und das HD-3 als niederschwelliges Einsteiger-Schlagzeug kommt mit wenigen Bedientasten aus, das Display muss man dabei gar nicht beachten. Es gibt Mehrfachbelegungen, die man auswendig lernen kann und so ist es beispielsweise möglich, pro Kit die einzelnen Sounds in der Lautstärke zu regeln. Dagegen ist ein modernes, ausgewachsenes E-Drum-Set nicht wirklich bedienbar, viele Menüs, Endlosdrehregler und zahllose Einstellmöglichkeiten sorgen für eine wenn auch gefragte Komplexität. So lässt sich nicht verhehlen, dass einerseits Sensorflächen und Touchscreens die Bedienung tendenziell erschweren, , wobei es andererseits einige Hersteller gibt, welche inzwischen die Barrierefreiheit als Feature herausstellen.

Wie hat bei mir alles angefangen?

Schon in den 80er Jahren kam ich in Berührung mit Musikinstrumenten. Sei es mit den Orgeln meines Onkels und Drumcomputern meines Cousins, aber genauso mit Instrumenten in der Hannoveraner Blindenschule. Neben vielen dort verteilten Heimorgeln hatte ich Besonders Freude mit unserem schulisch im Jahr 1985 erworbenen Korg DW-8000, ein früher Digitalsynthesizer und der erste überhaupt mit integrierten Digitaleffekten. Die Bedienung war mit Parametern übersichtlich gestaltet und ich habe die von unserem Musiklehrer Volker Waldherr ausgedruckte Parameterliste immer noch. Dazu hatten wir einen Korg AM-8000R Effektprozessor und einen kleinen Yamaha-Sequenzer, den ich allerdings damals nicht verstanden habe. In dieser Zeit hatte ich den erwähnten Schlagzeug- und teilweise Orgelunterricht. Ich erinnere mich noch, dass auf dem Flur hinter unserer Aula ein seltsamer Synthesizer mit bunten Kippschaltern stand, heute weiß ich, es war ein Roland SH-2000. Einen Tag später mit Kopfhörern bewaffnet und an eine nahegelegene Steckdose angeschlossen wusste ich, das Teil funktioniert. Dann ward er verschwunden und von mir nie wieder gesichtet. Überhaupt ist es rückblickend schade, wie lieblos manche Instrumente im schulischen Alltag behandelt und wahrscheinlich irgendwann entsorgt wurden. Schon damals war ich so etwas wie der Haus- und Hoftontechniker, weil ich für meinen blinden Musiklehrer wann immer es ging helfend eingesprungen bin, wie in vielen Schulfeiern auch als Musiker. Ebenfalls nahm ich an zwei Projektwochen teil, in denen wir Hörspiele produzierten, wie Max und Moritz von Wilhelm Busch, ganz modern in Quadrophonie. Wir waren damals recht opulent ausgestattet, nachdem bei einem Einbruch sämtliches Equipment gestohlen wurde. Wir hatten einen schallgedämmten Regieraum mit großem Pult, Durchsageeinrichtung und Sichtscheibe zum Unterrichtsraum mit mehreren Bandmaschinen teils mit vier Spuren, viele Mikrofone vom Typ Sennheiser MD 421 und einiges an Beschallungsequipment. Selbst besaß ich in den 80er Jahren eine markenlose Heimorgel, einen Drumcomputer Korg DDM-110 und ein Mini-Keyboard Casio PT-30, mit diesen Instrumenten habe ich seinerzeit schon einiges angestellt, sowie mit den Heimorgeln meines Onkels. Leider existieren kaum noch Schulaufnahmen aus der damaligen Zeit, die lagen hauptsächlich als Tonbänder vor und wurden vermutlich inzwischen alle entsorgt.

Voyetra Sequencer Pro Plus mit geladenem Song in der DOSBox

Später mit 14 Jahren wechselte ich 1989 nach Marburg. Dort war es der Musiklehrer Ulrich Mayer-Uhma, ein früherer Schüler des französischen Organisten und Komponisten Gaston Litaize, der mir sein volles Vertrauen aussprach und mich oft in die freien Musikräume und das Instrumentenlager ließ. Hier standen mir unter Anderem von Korg die Synthesizer MS-20, MS-50, Poly-800 und das Rhythmusgerät Minipops, sowie ein Yamaha DX21, Roland D-50 und eine große Solina Theaterorgel zur Verfügung. Die dort vorhandenen Kassettendecks nutzte ich, um meine Experimente festzuhalten, diese Aufnahmen bleiben aus guten Gründen unter Verschluss. Es reizte mich weniger, wirklich Keyboardspielen zu beherrschen, aber das Entdecken von Klangwelten und Experimentieren mit Tönen und Geräuschen gehörte zu meinen Vorlieben. In Hannover und Marburg hatten wir in der Schule je ein Sennheiser MKE-1060 Kunstkopfmikrofon, das ich Ende der 80er Jahre schon auf unserer Klassenfahrt nach Pellworm in Verbindung mit einem UHER Report einsetzen durfte. In der 10. Klasse im Jahr 1992 diente es mir bei einer weiteren Hörspielproduktion, die ich eines Nachts unter der Zuhilfenahme von mindestens einer Kanne Kaffee im Morgengrauen fertigstellen konnte. Im Prinzip war mir alles recht, dass irgendwie Töne machte oder aufzeichnen konnte. Nachdem ich in den 90er Jahren mit Soundkarten und vielen Instrumenten einiges zustande brachte, war es immer wieder die Software, die mir die Lust am Musizieren nahm. Ausdrücklich ausgenommen und immer noch auf dem Dachboden original vorhanden, ist der Voyetra Sequencer Pro Plus, der einer Creative Sound Blaster Pro 1.5 im Bundle beilag. Dieser läuft unter DOS in einer hohen Textauflösung mit 50 Zeilen und lässt sich schwer vergrößern, die negative Darstellung ermöglicht es mir, ihn noch am Bildschirm ablesen zu können. Zuletzt lief er auf einem IBM PS/1 mit passendem Monitor und 386SX-Prozessor mit 16 MHz und 2 MB Arbeitsspeicher, das reichte völlig aus. Per MIDI waren zwar 16 Kanäle bei 128 Voices ansprechbar, aber nicht multitimbral, zu wenig für moderne Klangerzeuger. Heute kann eine DAW Dutzende virtuelle Instrumente auf eigenen Kanälen ansteuern. An der PropellerHead ReBirth RB-338 versuchte ich mich ebenfalls und freute mich zunächst über virtuelle Roland-Instrumente der Typen TR-808, TR-909 und TB-303. Diese konnte ich auf dem Display allerdings nicht anfassen und stellte für mich fest, dass ich Musikmachen und nicht Computerspielen will, weshalb ich trotz vieler Software-Instrumente keinen Bezug dazu gefunden habe. Musik ist für mich gerne elektronisch, aber trotzdem müssen Instrumente haptisch und erfahrbar sein. Was hingegen im Computer passiert, muss man sich vorstellen, ansonsten befasst man sich mehr mit der Bedienung, als mit der reinen Musik. Mich strengt das an und so blieb mir der Zugang verwehrt.

Yamaha QY70

Philosophisch habe ich mich häufig gefragt, warum das eigentlich so ist. Bin ich zu alt, ist das alles zu kompliziert oder entspricht das einfach nur nicht meinen Vorstellungen? Inzwischen denke ich, es liegt an meiner ganz persönlichen Historie. Ich weiß nicht, wie viele junge Musiker heutzutage mit analogen oder älteren Digitalinstrumenten in Berührung kamen, aber wenn man diese Gelegenheit hat, kann man meine Gedanken dazu vielleicht nachvollziehen. Während ein Yamaha QY10 einfach durch Ausprobieren programmiert werden kann, man jedoch mit seinen Einschränkungen leben muss, ist der spätere Nachfolger QY70 mit seinem grafikfähigen und unbeleuchteten Display nur in den Grundfunktionen bedienbar. Doppelbelegungen, Parameterwerte zum Ablesen, all das macht es unmöglich, selbst durch Abzählen oder Ausprobieren einen Track zu programmieren. Da nützt auch der Batteriebetrieb nicht viel und dass man mit etwas Übung die Werks-Patterns abspielen und Akkorde verändern kann. Genau genommen war der QY70 nicht nur ein Sequenzer, sondern ein kompletter Arranger, mit dem ich bei entsprechender Restsicht vieles zustande hätte bringen können. Daher möchte ich im Folgenden detailliert beschreiben, wann und vor Allem warum spezifische Instrumente barrierefrei sind oder eher nicht. Das könnte auch Konstrukteuren dabei helfen, mit kleinen Stellschrauben ihre Produkte für blinde und sehbehinderte Musiker zu optimieren. Interessant finde ich, dass Vertreter großer Musikinstrumentenhersteller sogar offene Ohren dafür haben, manche Hersteller, wie Native Instruments oder aktuell Ableton mit der DAW Live 12, bewerben die Zugänglichkeit mit Screenreadern ausdrücklich. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, dann kommen wir jedoch wieder zur Computermusik zurück. Natürlich sind Computer und Tablets mit Software und Screenreadern einfacher zu optimieren, während eine konstruierte Hardware nur eingeschränkt angepasst werden kann. Die folgenden Erkenntnisse entstanden übrigens auch durch Jahrzehntelange Erfahrung bei Hilfsmittelkonstruktionen, an denen ich beteiligt war. Übrigens lassen sich folgende Erkenntnisse genauso auf Haushalts- und Multimediaprodukte, Funktechnik und viele weitere Bereiche übertragen.

Akai MPC Renaissance

An dieser Stelle ein Beispiel, wie die Symbiose von Hard- und Software gelingen kann. Die Akai MPC Renaissance war der erste Versuch des Herstellers, einen ansonsten funktionslosen Controller mit Audio-Interface durch Software zum Leben zu erwecken. Die vielen Features und das blaue Retro-Display schienen für mich geeignet und so testete ich das Produkt. Für knapp über 1.000 Euro bekam man alles, was man zum Musizieren brauchte, Anfangs jedoch mit etwas anfälliger Software. Die Probleme wurden mit der Zeit behoben und heute ist die MPC eine Groovebox, die sich sehen und hören lassen kann. Akai hat im Laufe der Zeit einiges probiert, die MPC One mit Akkubetrieb für Unterwegs, als MPC Studio mit zahllosen Ein- und Ausgängen und MPC Key 37 und 61 in zwei Keyboard-Varianten. Die Nutzerschaft war anfangs eher kritisch eingestellt, weil man mit der MPC Renaissance ohne Computer nichts anfangen konnte, aber die Symbiose aus Eigenständigkeit und Computermusik hat viele Anwender überzeugt. Bei der Bedienbarkeit hat mich Akai überrascht, so habe ich vorgeschlagen, dass man das Display doch am Computer spiegeln könnte, um es mit der Vergrößerung entsprechend besser darzustellen, diese Funktion wurde prompt integriert. Geholfen hat mir das jedoch wenig, denn dazu war das Gerät ergonomisch zu groß, um es vor dem Monitor platzieren zu können. Ich versuchte es mit der Lupe, aber hierzu war das neigbare Display zu weit hinten angebracht. Man hätte vieles durch Abzählen hinbekommen können, wären da nicht die anfänglichen Abstürze und manche Ungereimtheiten gewesen. Die MPC Renaissance lösten die noch viel eingeschränkteren Grooveboxen Korg Electribe ESX-1 und EMX-1 ab, die aufgrund ihrer mehrfach belegten Tasten und mit schwacher Displaybeleuchtung nicht gut bedienbar waren.

Roland MC-707

Eine Groovebox kombiniert Sequenzer, Drumcomputer, Synthesizer und Sampler, das macht sie zu einem recht komplexen Instrument. Die Roland MC-707 funktioniert im Gegensatz zur Akai MPC Renaissance eigenständig, benötigt somit keinen Computer, kann aber Audio- und MIDI-Daten mit ihm austauschen. Im Gegensatz zum Yamaha QY70 ist sie deutlich größer, hat unterteilte Sektionen und ein recht kleines, aber deutlich besser ablesbares  Display. Parameter werden mit Pfeiltasten und gerasterten Endlosdrehreglern unter dem Display eingegeben, hier muss man also vieles auswendig lernen. Die eigentliche Schwierigkeit besteht jedoch im Workflow, während die Vorgänger die Musikdaten in Patterns gespeichert haben, die später als Songstruktur zusammengebaut werden konnten, arbeitet die MC-707 mit Clips. An diesen Workflow muss man sich gewöhnen, kann man aber lernen. Weil die Tasten unterschiedliche Formen haben und wenig Doppelbelegungen, könnte man damit blind mit etwas Anleitung schon was zustande kriegen. Samples laden ginge auch, wenn man die Dateistruktur auf der SD-Karte auswendig weiß und ebenso die Abfolge der zu drückenden Tasten. Durch die Rasterung lassen sich die Endlosdrehregler nicht versehentlich verdrehen, wenn man die Oberfläche ertastet. Praktisch hat sie meinen Roland JD-Xi, Novation UltraNova und Circuit ersetzt, der mit seinen vier fest zugewiesenen Spuren etwas eingeschränkt war. Das aktuelle Podcast-Intro stammt aus der MC-707. Zwischenzeitlich

Was zeichnet barrierefreie Instrumente eigentlich aus?

Zur Beantwortung dieser Frage sind exemplarische Beispiele sinnvoll, an denen man bestimmte Kriterien ableitet, welche die Bedienbarkeit vor Allem für vollblinde Menschen erleichtern oder gar erschweren können. Grundsätzlich gilt, dass zwar jeder Betroffene individuelle Präferenzen hat und andere Maßstäbe für die Zugänglichkeit ansetzt, dennoch gibt es Leitlinien, an denen man sich als Produktdesigner orientieren kann. Wer nichts sieht, muss eben hören und damit meine ich nicht auf Sprachausgaben. Trotzdem werden wir auch das in den Beispielen vorfinden. Regelmäßige Podcast-Hörer sind im Vorteil, hier habe ich immer wieder Synthesizer praktisch vor den Ohren der Zuhörer präsentiert. Eigentlich müsste ich diesen Artikel bilderlos erstellen, aber Fachleute kennen die Instrumente sowieso und wären keine Fotos vorhanden, würde man sie schnell im Internet finden. Dennoch empfehle ich, dem folgenden Text gegenüber den Fotos eine größere Aufmerksamkeit zu WIDMEN.

Korg Monotron Duo

Beginnen wir unseren Rundgang an drei kleinen Synthesizern, die allesamt in ihrer Beschaffenheit verschieden konzipiert sind. Zunächst betrachten wir den batteriebetriebenen Korg Monotron Duo, ein blauer, analoger Synthesizer mit dem charakteristischen Filter des Korg MS-20. Gespielt wird er über eine Folientastatur (Ribbon-Controller), deren Tonumfang und -Quantisierung mit einem Knopf auf der Rückseite von chromatisch Dur auf Moll und freilaufend umgeschaltet werden kann. Neben dem Monotron Duo gibt es zwei weitere Varianten, die in ihrer Bedienung alle ähnlich sind und sich etwas im Funktionsumfang unterscheiden, der Monotribe folgte darauf und ist zusätzlich mit Sequenzer und einer dreistimmigen Rhythmussektion ausgestattet und kann mit etwas Übung ebenso blind bedient und programmiert werden. Charakteristisch für die Monotron-Serie ist die statische Zuordnung von Bedienelementen, je ein Drehknopf pro Funktion.

Korg NTS-1

Für sich genommen sind die Möglichkeiten mit den sechs Drehreglern recht beschränkt, weshalb die Digitaltechnik bei ähnlichen Abmessungen viel mehr Spielraum bietet. Grund dafür sind elektronische Regler und Taster, die ihre Funktion je nach Status verändern. Der DIY-Synthesizer Korg NTS-1 der Nu:Tekt-Serie zeichnet sich genau durch diese Vielfalt aus, die zum Teil zu Lasten der blinden Bedienbarkeit geht. Er verfügt ebenfalls über einen Ribbon-Controller, der jedoch von einem Mikroprozessor ausgewertet wird. Die Klangerzeugung arbeitet rein digital und ist voll programmierbar und entstammt dem größeren Minilogue und Derivaten. Die Drehknöpfe haben bis auf den linken einen Anschlag, so dass sich zwar die Position erkennen lässt, verändern aber anhand der sechs Tasten darunter ihre Funktion. Welche aktiv ist, wird mit einer roten LED am Drucktaster gekennzeichnet. Ein Display in Form einer Segmentanzeige stellt Werte und Funktionen dar, mit einer nicht ganz gut bedienbaren Software lassen sich programmierte oder hinzu gekaufte Oszillatormodelle und Effekte nachladen und auswählen. Der linke Endlosdrehregler ist gerastert, so dass man einen Dreh deutlich spürt. Gut gelöst ist, dass der Drehknopf je nach Modus eine feste Funktion hat, ist man sich unsicher, kann man die Tasten darunter erneut drücken oder gedrückt halten, dann erreicht man die jeweilige Zweitfunktion der Drehregler. Weil sich Oszillator, Effekt und Arpeggiator ergänzen, muss und kann man die einzelnen Bereiche separat kontrollieren. Immerhin werden Einstellungswerte abgeholt, das heißt, der Wert verändert sich erst, wenn sich der Drehknopf erneut auf der entsprechenden Position befindet. Manche Instrumente springen und verändern den Wert unmittelbar, das kann auch von Nachteil sein. Insgesamt kann man auch blind mit dem Korg NTS-1 viel Spaß haben, muss allerdings zuvor wissen, was die Drehregler bei welcher Funktion tun. Speichern kann man die Einstellungen übrigens nicht, so dass man immer zur Ausgangsposition gelangt, wenn man ihn stromlos macht.

Behringer JT 4000 Micro

Das gilt nicht für den jüngsten Spross der Drei, den Behringer JT 4000 Micro. Er verfügt ebenfalls über kein Batteriefach, dafür über 32 Speicherplätze und soll die Klangerzeugung des Roland JP 8000 emulieren, das gelingt ihm recht gut. Aufgrund der winzigen OLED-Anzeige müsste er eigentlich für Blinde konstruiert sein, zumal auch die LEDs der aktiven Taster recht dunkel sind. Behringer hat sich offenbar etwas am Korg NTS-1 orientiert, denn mit den Tastern aktiviert man auf ähnliche Weise Funktionen. Diese versetzen den Synthesizer in ein Menü, das mit dem linken, nicht gerasterten Endlosdrehregler gewählt wird, Drücken springt zur zweiten Menüebene. Tückisch ist, dass es ein Hauptmenü zum Wählen der Instrumente gibt, dass man erreicht, wenn man den derzeit aktiven Taster deaktiviert. Beim JT 4000 Micro haben wir ein gutes Beispiel, wie man sich mit Kompromissen zumindest ansatzweise behelfen kann, wenn man gezielt zweimal auf einen Knopf drückt, den man zuvor nicht aktiviert hat. Dann springt das Menü zunächst um und der zweite Druck bringt einen wieder raus. Parameter lassen sich mit zwei Drehreglern mit Anschlag einstellen, standardmäßig Filter und Resonanz. Hierdurch lässt sich auch herausfinden, ob man in einem der Menüs aktiv ist, denn ansonsten verändern sie womöglich ungewollt Werte. Mit dem vierten Regler wird die Lautstärke gesteuert. Der Ribbon-Controller ist dafür vorbildlich, streicht man im oberen Teil, durchfährt man die komplette Tonleiter inklusive Halbtöne, streicht man unten, durchfährt man nur die ganzen Töne. Es hat sich gezeigt, dass man mit dieser Tastatur relativ zielsicher spielen kann. Von allen Dreien ist es der vielleicht schwierigste zu bedienende Synthesizer, der allerdings wie der Monotron Duo mit rund 50 Euro aber so günstig ist, dass man gut mit den Einschränkungen leben und auf Entdeckungsreise gehen kann. Per USB-C wird er nicht nur mit Energie versorgt, sondern kann auch am Rechner direkt programmiert werden, so dass er in einer DAW durchaus Sinn ergibt. Der Korg NTS-1 kostet rund das Doppelte und wird als Bausatz geliefert, ist aber in seiner Architektur der flexibelste Kandidat. Der Monotron Duo ist ein Spaßgerät mit Synchronisations-Eingang, über MIDI, USB oder gar einen Netzteilanschluss verfügt er nicht.

Korg DW-8000

Kommen wir zu meinem ganz persönlichen Liebling, dem Korg DW-8000. Was hätte ich darum gegeben, selbst einen zu besitzen, habe mich aber zugegeben nicht darum gekümmert. Die 16 digitalen DWGS-Schwingungsformen und der integrierte Effektprozessor sind sein Highlight und erlauben neben warmen, organischen Klängen durchaus harte und aggressivere Sounds. Der kleinere Bruder DW-6000, ohne Effektprozessor, Anschlagdynamik und Aftertouch, ist im Funktionsumfang deutlich eingeschränkt. Wie es früher üblich war, wählte man die Klänge mit acht Tasten, 11 bis 88. Rechnerisch bei acht Bänken mit je acht Sounds kommen wir auf 64 und ähnlich verhält sich auch die Programmierstruktur. Die Werte werden über zwei Tasten oder einen Schieberegler rechts neben den Wahltasten eingegeben und lassen sich auch abzählen. Der erste Druck aktiviert die Gruppe, wie Oszillator, Filter oder Effekt, die zweite Ziffer die jeweilige Funktion. Nicht immer müssen acht Funktionen je Gruppe zur Verfügung stehen, das ist am Bedienfeld aufgedruckt und kann man sich entsprechend notieren. Das Einzige, was man hier nicht weiß, ist der jeweils eingestellte Wert, der mit hellgrünen LED-Ziffern (recht oldschool) am Panel dargestellt wird. Die beiden roten, zweistelligen Segmentanzeigen zeigen das gewählte Programm und den aktuell gewählten Einstellungsparameter an. Für Arpeggiator und andere Funktionen gibt es eindeutige Tasten, als Spielhilfe steht der Korg-typische Joystick ebenfalls zur Verfügung. Den DW-8000, DW-6000 und artverwandten Poly-800 mit Batteriebetrieb kann man bedenkenlos blind bedienen, wenn man die Parameterliste kennt. Besonders an den DWGS-Schwingungsformen ist, dass ihre Struktur organischen Instrumenten entspricht und man auf diese Weise etwas natürlich klingendere Sounds erzeugen kann. Immerhin sollten Synthesizer der damaligen Zeit noch echte Instrumente simulieren, die Erzeugung neuer Klangwelten war damals eher ein Nebeneffekt. Als zwei Jahre später der Roland D-50 mit seiner LA-Synthese auf Basis von PCM-Samples erschien, hatte der DW-8000 am Markt keine Chance mehr. Zuvor kam der recht schwierig zu bedienende Yamaha DX7 auf den Markt, der mit seiner FM-Klangerzeugung weniger durch die Reproduktion natürlicher Instrumente, sondern durch seine die 80er Jahre prägenden Signature-Sounds große Berühtheit erlangte. Von den drei Instrumenten könnte man den Korg DW-8000 als Underdog bezeichnen, so hat er zwar einen charakteristischen Grundsound, der aber weniger auffällig ist. Für Korg ging die Erfolgsgeschichte allerdings mit der 1988 erschienen Music-Workstation M1 am Ende gut aus.

microKORG und microKORG S

Der batteriebetriebene Korg microKORG erschien im Jahr 2002 und ist mit seinen optionalen 64 DWGS-Schwingungsformen dem DW-8000 zumindest ähnlich, durch seine vier Stimmen und Minitastatur jedoch begrenzt, trotzdem kann man mit seinem übersichtlichen Bedienfeld viel erreichen. Fünf Drehregler mit Anschlag sind horizontal nebeneinander angeordnet und können verschiedene Daten verändern, im Gegensatz zum DW-8000 sind bis zu fünf Werte gleichzeitig einstellbar. Man holt diese wie oben beschrieben ab, der jeweilige Wert wird auf der dreistelligen Segmentanzeige dargestellt. Welche Funktionen die fünf Drehregler innehaben, wird mit zwei gerasterten, vertikalen Drehknöpfen mit Anschlag festgelegt. Der zuletzt gedrehte bestimmt die Einstellung, eine jeweilige LED leuchtet daneben auf und so kann man die Stellung am entsprechenden Drehknopf ablesen. Der obere ist für den Sound zuständig, der untere für virtuelle Verkabelungen, MIDI und Effekte. Auch der microKORG verfügt über acht Bänke mit je acht Sounds, die zwischen A und B umgeschaltet werden können. Das Speichern gelingt wie beim DW-8000 über einen Taster, Veränderungen am Sound hört man sofort. Der Korg microKORG kommt mit Netzteil, kann aber auch mit sechs Batterien betrieben werden, als microKORG S gibt es ihn auch mit integrierten Lautsprechern und vier Soundbänken. Der aktuelle microKORG 2 kommt mit einem ähnlichen Bedienkonzept, deutlich mehr Funktionen und größerer Stimmenanzahl, mit dem Farbdisplay könnte er für Sehbehinderte sogar im Vorteil sein.

Waldorf Streichfett

Käme es gleich nicht noch besser, könnte man den Waldorf Streichfett als Meisterstück barrierefreier Synthesizer bezeichnen. Er kommt ohne Display und mit vier Tasten für die Sounds, die sich mit einem Kippschalter in vier Bänke aufteilen und durch langen Tastendruck abspeichern lassen. Alle Drehknöpfe sind strukturiert angeordnet und verfügen über einen Anschlag, die einzelnen Instrumente lassen sich stufenlos durchfahren. Wer ihn bedient, hört sofort, was sich verändert, so dass man ihn mit einer Hand über ein MIDI-Keyboard spielen und mit der Anderen Parameter in Echtzeit verändern kann. Fehlbedienungen sind quasi ausgeschlossen und hätte er USB-Audio, wäre er eigentlich perfekt. Den Streichfett gibt es inzwischen auch als Plug-In, das optisch dem Original entspricht, aber (wie so oft) nicht mit Screenreadern bedient werden kann.

Roland TR-08, JU-06A, D-05 und dTronics DT-01

Um die Liste nicht zu lang werden zu lassen, hier noch ein Blick auf drei Boutique-Synthesizer von Roland, dem TR-08 (TR-808), JU-06A (JUNO-106 und JUNO-60) und den D-05 (D-50) mit dTronics DT-01 (Roland PG-1000 Programmer). Alle arbeiten digital mit der ACB-Synthese und simulieren die Originale recht annähernd. Die Bedienstruktur ist digital, während die Vorbilder der TR-08 und des JU-06A größtenteils analog waren. Sie verfügen über eine Segmentanzeige, der Roland D-05 über ein nicht bedienbares Menü im Grafikdisplay. Hier kommt der DT-01 zum Einsatz, mit dem man auf alle Werte des Synthesizers über eine Armada von über 50 Drehregler mit Anschlag zugreifen kann. Dies zeigt, dass viele Instrumente im Prinzip über externe Steuermöglichkeiten zugänglich werden können, wobei man die veränderten Klänge allerdings im Menü abspeichern muss. Beim JU-06A gibt es wie beim Behringer JT 4000 Micro feste Zuweisungen der jeweiligen Tasten, die man teils erlernen kann, teils aber auch nicht. Gleiches könnte man der TR-08 zuschreiben, der gerasterte Drehregler zur Auswahl eines der neun Sounds hat keinen Anschlag, hier muss man sich die Stellung merken, der Modusregler aber schon. Sounds lassen sich über zugehörige Drehregler verändern und das Speichern ist blind mit etwas Übung möglich. Bis auf den D-05 sind die anderen mit Einschränkungen barrierefrei und zeigen schon deutlich, dass es durchaus Grenzen bei der Bedienung gibt. Wer nicht willens ist, sich da hineinzudenken, könnte schnell die Lust daran verlieren. Was man ihnen zu Gute halten muss, ist die angenäherte Bedienung an die Originale mit möglichst analogem Flair, also schon viel Haptik, aber eben nicht nur. Will man die Zusatzfunktionen erreichen, geht nichts am Menü vorbei und der Roland D-05 fällt in der Bedienung hinten ab.

Yamaha FGDP-30

Wie man es uneingeschränkt richtig macht, zeigt Yamaha mit dem FGDP-30, einem Finger-Drumpad, das vollständig per Sprachausgabe alle Geräteinformationen rückmeldet. Alle Einstellungen und Parameter werden mit der englischen Stimme angesagt, mit zwei Tasten läuft man durchs Menü, mit den anderen beiden verändert man den Wert. Ich habe diesbezüglich mit der Pressestelle Kontakt aufgenommen, ob man sich überhaupt bewusst darüber ist, dass es sich um vielleicht das zugänglichste, elektronische Musikinstrument der Welt handeln könnte, da war man völlig überrascht. Der größere FGDP-50 verfügt nämlich über keine Sprachausgabe und das Voice Guidance in den Keyboards Yamaha Genos und Genos2 ist dagegen eher eingeschränkt. Fast schon kurios, denn wenn Instrumente schon über Rechenpower, Speicher und eine Audioausgabe verfügen, wäre eine Bedienbarkeit mit Sprachausgabe gar nicht mal unwahrscheinlich.

Adam Hall SKS 05 mit Korg Pa1000

Wie schwierig es mit einem Touchscreen werden kann, zeigt das Korg Pa1000 Entertainer-Keyboard. Dieser ist zwar kontrastreich, aber die vielen Bedienknöpfe ermöglichen nicht den Zugriff auf alle Funktionen. So lassen sich Style- und Instrumentenkategorien auswählen, aber die Feinabstimmung erfolgt am Display. Das macht es leider nicht blind bedienbar, aber man kann immerhin Tasten frei belegen, die beispielsweise zum nächsten Style führen. Ohne Display geht allerdings nichts, was beim Technics sx-KN7000 anders läuft.

Technics sx-KN7000

Hier gruppieren sich Tastenwippen unter dem Display mit Funktionstasten links und rechts vom Breitbildschirm. Von der Optik ähneln Style- und Soundauswahl dem Korg Pa1000 mit dem Unterschied, dass man die Auswahl hier nicht per Touchscreen, sondern seitlichen Tastern durchführt. Abzählen ist daher möglich, aber nur eingeschränkt, denn es gibt einfach viel zu viele Einstellungen, als dass man alle Belegungen finden könnte. Zwei Seitentasten erweitern das Display vertikal, die Akkordeon-Sektion und Drawbars bei den Orgelemulationen sind allerdings vollständig blind bedienbar. Zugriff auf alle Styles und Sounds sind gegeben, Einstellungen von Begleitautomatiken und Sounds sind größtenteils möglich, ebenso das Abspeichern der so genannten Panels.

Casio CT-S1000V

Ein abschließender Blick gebührt noch dem Casio CT-S1000V, das ebenfalls bedienbar ist, wenn man sich an die Mehrfachbelegung gewöhnt hat und versteht, in welchem Funktionsbereich sich das Instrument bei welchem Tastendruck befindet. Die Sektionen sind haptisch gut voneinander abgegrenzt und die auf wenige Tasten reduzierte Bedienung mit sich verändernden Displaytasten muss man lernen. Hat man sich die verschiedenen Menüseiten rausgeschrieben oder das Instrument mit sehender Hilfe an seine Bedürfnisse angepasst, kann man das Meiste selbständig machen und es ist auch klanglich ein tolles Instrument. Nach diesen Beispielen fasse ich die wichtigsten Punkte noch einmal zusammen:

  • Tasten sind grundsätzlich besser als Touchscreens, ansonsten bräuchte man einen Screenreader zur Bedienung.
  • Displays sollten kontrastreich sein, eine invertierte Darstellung kommt blendempfindlichen Anwendern zu Gute.
  • Softtasten und -Drehregler an Displays sind möglich, wenn sich deren Struktur über die gesamte Bedienung nur marginal verändert, Drehknöpfe sollten nicht zu leichtgängig sein.
  • Menüs und Drehregler sollten einen Endanschlag haben. Das erleichtert das Auffinden des Startpunkts, in Menüs ist dies ebenso wichtig. Kann man den ersten Menüpunkt finden, lassen sich die folgenden abzählen.
  • Gerasterte Endlosdrehregler sind besser, als Regler ohne haptisches Feedback. Sich ändernde Funktionen sollten im Kontext stets zueinander passen.
  • Es muss keine Sprachausgabe sein, aber Orientierungstöne könnten Wunder bewirken. Beispielsweise in Menüs das Erreichen des Start- und Endpunktes, Mittelstellung bei Drehreglern oder hohe und tiefe Tonsignale, wenn eine Funktion ein- oder ausgeschaltet wird.
  • Gut strukturierte Sektionen, gerne mit fühlbaren Unterteilungen. Diese können dabei helfen, die Orientierung zu behalten und Bedienelemente voneinander abzugrenzen.
  • Farben und gute Kontraste am Bedienpanel, sowie gut lesbare und nicht zu kleine Schriftarten, erhöhen die Lesbarkeit auch in dunklen Umgebungen.
  • Komplexe Instrumente bedürfen vieler Funktionen. Eine klare Trennung der Bereiche sorgt für mehr Übersichtlichkeit.

Bedienbare Audiogeräte

Zum Thema Recording werde ich häufig gefragt, was man da eigentlich nehmen könnte. Nachdem Olympus in OM System umbenannt wurde und der neuere LS-P5 über keine Sprachausgabe mehr verfügt, scheint diese Frage elementar zu sein. Mir ist nicht bekannt, ob sich die App des neuen Olympus gut bedienen lässt, dazu fehlt mir die praktische Erfahrung. Allerdings hat man sich über viele Jahre daran gewöhnt, dass Olympus serienmäßig in fast alle aktuellen Rekorder eine Sprachausgabe eingebaut hat. Das war vorbildlich und schaffte ein Alleinstellungsmerkmal.

Olympus LS-P4 und Zoom F3

Um es kurz zu machen, Zoom hat mit den Rekordern der Essential-Serie nun eine Sprachausgabe integriert. Aus Gründen ist das Thema etwas an mir vorbeigewandert, doch haben mir einige Nutzer schon von Erfolgen bei der Bedienbarkeit berichtet. Es muss allerdings nicht immer eine interne Sprachausgabe sein, denn Apps können ähnlich gut funktionieren. Das habe ich schon beim Zoom H3-VR und F3 beschrieben, die sich vollständig einstellen und auch fernbedienen lassen. Das ist besonders beim F3 sehr sinnvoll, wenn man diesen in einer Aufnahmesituation vielleicht etwas unzugänglich im Raum positioniert. Klar sollte jedoch sein, dass eine interne Sprachausgabe immer zu bevorzugen wäre, sofern es sie gibt. Hier allerdings war auch Olympus nicht wirklich perfekt und es hätte sicherlich manches verbessert werden können, aber die Anspruchshaltung sollte man eher gering halten, wenn sich ein großer Konzern dazu entschließt. Werden die Geräte schlecht abgesetzt, wie seinerzeit die Modelle Olympus DM-5 und DM-7, stellt sich stets die Frage des so genannten Return of Investment. Dies bedeutet, dass man potentielle Investitionen gegenüber den zu erwartenden Verkaufszahlen stellt, weshalb ich hoffe, dass sich das Yamaha FGDP-30 enorm gut verkaufen wird.

alter.audio Timetosser Aufmacher

Kein Rekorder, aber dennoch eine positive Überraschung aus den Niederlanden, ist der Timetosser von alter.audio. Ein Remix-Tool, mit dem sich Loopen, Slicen und einiges mehr anstellen lässt. Das Gerät mit seinen 16 großen Drucktastern gibt zwar visuelles Feedback mit seinen vielen, mehrfarbigen LEDs wieder, allerdings reicht einfaches Hinhören aus. Die Mehrfachbelegungen sind logisch aufgebaut und lassen sich schnell erlernen. Am Computer verhält er sich als MIDI-Controller und mit dem zugehörigen Plug-In lässt sich auch Material in einer DAW bearbeiten. Der Timetosser zeigt sehr schön, wie einfach solide Geräte mit klarer Struktur aufgebaut sein können.

Ausblicke auf die Bedienbarkeit

Grundsätzlich ist bei Software vieles möglich, obgleich sich die meisten Entwickler an optischen Gesichtspunkten orientieren. Es ist zwar nicht mehr so, dass per se Apps am Mac einfacher oder besser bedienbar wären, dieZugänglichkeit am iPad mit Touchscreen tendenziell aber schon. Touchscreens gibt es übrigens auch unter Windows und werden von gängigen Screenreadern unterstützt. Korg Module Pro für iPhone und iPad ist eines von vielen Software-Instrumenten mit optionalen Erweiterungen, das durchaus am Touchscreen bedient werden kann. Ein Problem bei Apples mobilen Betriebssystemen ist jedoch, dass man die Sprachausgabe nicht separat routen kann, wer ein iPad auf der Bühne als Klangerzeuger nutzt und vergisst, VoiceOver aus- oder den Flugmodus einzuschalten, würde vermutlich die Zuhörerschaft mit persönlichen Nachrichten konfrontieren. Das ist schade, denn auch der Mac ist bezüglich des Audio-Routings ohne Zusatzprogramme nicht unbedingt vorbildlich unterwegs, obwohl sich hier wenigstens die Stimme von VoiceOver auf einen speziellen Kanal routen lässt. Windows liefert hier etwas mehr Komfort, mit REAPER und OSARA gibt es zudem eine sehr kostengünstige und flexible DAW, die genauso zugänglich am Mac oder unter Linux verfügbar ist.

Korg Module Pro auf iPhone

Im letzten Podcast habe ich demonstriert, wie die künstliche Intelligenz schon heute mit sehr guten, wenn auch nicht immer korrekten Ergebnissen bei der Bilderkennung unterstützt. Das kann sich besonders rechnen, wenn man Displays ablesen möchte. Während eine reine Texterkennung nur den Schriftinhalt vorliest, analysiert die KI, welche Bereiche relevant und hervorgehoben sind, welche Auswahlmöglichkeiten es gibt und wie jede einzelne Taste unter dem Display belegt ist. Auf diese Weise habe ich das Tascam Model 12 für mich schon konfigurieren können, was mir mit einer Lupe zwar gelingt, aber mit höherem Aufwand.

Tascam Model 12 Display Nahaufnahme

Dieses Beispielfoto zeigt, wie die KI das Tascam Model 12 sieht, obgleich der Ausschnitt etwas zu weit gefasst ist. Die besten Ergebnisse erzielt man, wenn sich möglichst nur der relevante Bereich im Bild befindet, in diesem Fall das Display. Ich kann beliebig viele Aufnahmen wiederholen, wenn ich am Zustand des Menüs nach Anweisung etwas verändert habe. Was derzeit (noch) nicht funktioniert, ist eine Echtzeiterkennung am Videobild. Ferner sollte man bedenken, dass je nach Verbindungsqualität und Serverauslastung die Erkennung etwas dauern könnte. Benutzt man Be My AI, kann man auch die menschengestützte Funktion Be My Eyes verwenden und sich von einem „echten“ Helfer unterstützen lassen. Derzeit gilt, dass der Mensch aktuell immer noch die bessere KI ist und das wird vermutlich noch lange Zeit so bleiben.

Fazit

Die Bedienbarkeit von Synthesizern und Audiogeräten hängt stark von ihrer Beschaffenheit ab. Obige Beispiele zeigen, dass die Bedienung durchaus gelingen kann, allerdings sorgen mehr und mehr Touchscreens und virtuelle Oberflächen für Schwierigkeiten.Es hätte sicher noch viel mehr Instrumentee gegeben, was allerdings den Rahmen gesprengt hätte. Komplizierter werden Geräte mit vielen Funktionen oder geringen Abmessungen, hier könnten Softwarelösungen im Vorteil sein. Es gibt inzwischen mehr Lösungen als noch vor einigen Jahren, mit denen sich musizieren und recorden lässt, allerdings muss man Virtualisierung mögen und dass man solche Instrumente nicht haptisch wahrnehmen kann. Controller könnten als Schnittstelle zwischen Software und Benutzer betrachtet werden, hier sind Produkte aus einer Hand, wie von Native Instruments, deutlich im Vorteil.

4 Comments

  1. chris said:

    Hallo,

    zunächst vielen Dank für Ihren sehr interessanten Beitrag!

    In dem Zusammenhang eine Frage: Ich bin blind und würde mir gerne ein möglichst leistungsfähiges Keyboard kaufen. Die allermeisten Modelle sind inzwischen nur noch über Touchscreen bedienbar. Es gibt nur von Yamaha noch ein relativ gut bedienbares Instrument, das mit normalen Knöpfen auskommt. Wissen Sie evtl. Genaueres, inwieweit mit Screenreader ein Verbinden von Keyboard und PC möglich ist? Zumindest vor einigen Jahren war die Software von Yamaha noch nicht barrierefrei. Es ist leider extrem schwierig, aktuelle
    Infos zu diesem Thema zu finden.

    Schon im Voraus herzlichen Dank für Ihre Mühe!

    Viele Grüße

    Chris

    13. April 2019
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    • Stephan Merk said:

      Hallo Chris, Barrierefreiheit ist für die Musikindustrie kein Thema, das wäre im Verhältnis zu den „paar wenigen“ Nutzern auch ein zu hoher ‚Aufwand. Die Instrumente verfügen ja über spezifische Betriebssysteme, die nicht mit einer TTS oder ähnliches angesteuert werden können. Bei Workstations ist das etwas anders, hier gibt es schon Möglichkeiten, Instrumente via SysEx zu steuern. Das sind aber dann keine Hoome- oder Alleinunterhalter-Keyboards, sondern es geht dann um Studioumgebungen und Musikproduktion. Das große Problem dabei ist der Kostenfaktor. Wer soll denn für den Entwicklungsaufwand aufkommen? Immerhin ist selbst im Verhältnis zu allen Musikern der Markt relativ klein, das heißt, es gibt weltweit auch keine sechsstellige Anzahl an Instrumenten. Ein iPhone wird beispielsweise milliardenfach verkauft, das sind ganz andere Dimensionen, als bei Home-Keyboards, deren Stückzahlen auch nicht zunehmen, eher im Gegenteil. Yamaha hat im Genos immerhin eine Sprachausgabe integriert, die allerdings nur den Betriebsmodus ansagt. Vermutlich handelt es sich hier auch um keine TTS, sondern um fertige Phrasen. Ich versuche ja immer, soweit es mir möglich ist, das Thema im Fokus zu behalten. Aber man darf die Arbeitsweise der großen Unternehmen nicht unterschätzen, bei denen eine kleine Idee auch selten oben ankommt. Hier wird dann gefragt, wie viele tausende oder gar zehntausende Instrumente würden dann mehr verkauft werden, wenn man einen Betrag X in die Barrierefreiheit investieren würde. Ich weiß, dass Michel Voncken beispielsweise an der Entwicklung des Genos beteiligt war. Aber auch das heißt nicht, dass es wirtschaftlich wäre, blinde Musiker zu berücksichtigen. Hier muss man sich dessen gewahr sein, dass es sich um eine ganz kleine Zielgruppe handelt, die noch dazu nicht über 3.000 Euro für ein Instrument investieren würden oder könnten. Abgesehen davon, dass die meisten blinden Musiker heutzutage wohl weniger auf Entertainer-Instrumente setzen. Bei Synthesizern sieht das nämlich etwas anders aus, hier gibt es sehr wohl bedienbare Instrumente. Dies erfordert aber auch eine zugängliche Bedienungsanleitung. So etwas könnte ich erstellen, aber auch hier bleibt die Frage, wer den Aufwand dafür bezahlen würde. Ideen hatte ich dazu schon einige, die Nachfrage war jedoch vor Allem aufgrund der Kostenfrage zu gering.

      14. April 2019
      Reply
      • chris said:

        Guten Morgen Herr Merk,

        danke für Ihre interessante und zugleich ernüchternde Antwort!

        PSR-S975 wird von Yamaha als Workstation bezeichnet. Sie haben angedeutet, dass in diesem Fall mehr Chancen für eine Steuerung bestehen würden. Der Begriff SysEx sagt mir aus dem Stand leider nichts, über mehr Infos würde ich mich freuen.

        Danke und viele Grüße

        Chris

        14. April 2019
        Reply
        • Stephan Merk said:

          Ja, heute wird alles als Workstation bezeichnet, das irgendwie die Klangbearbeitung und Editierung zulässt. Früher waren das alles Home-Keyboards, dann Entertainer-Keyboards, heute Entertainer-Workstations, was technisch gesehen auch stimmt. So wächst natürlich das Potential mit der Computertechnik und Yamaha wäre ziemlich ungeschickt, wenn man nicht einen Entwicklungsstrang für die Keyboards, wie Tyros und Genos, und „echten“ Workstations, wie Montage und MODX, nutzen würde. Ist ja mit den Digitalpianos das Gleiche, warum fünf Flügel sampeln, wenn es einer auch tut? Bei Korg ist das nicht anders, wenn auch übersichtlicher. Die DNC-Sounds wandern nicht in den Krome, letzterer hat dafür unzählige Synth-Sounds und der Kronos hat dann gleich fünf Engines. Im Umkehrschluss lässt man im Pa4X die Sounds komplett ausklingen, was bei Multi-Samples auch für die vielen Gigabytes sorgt, weil man das bei den Pianos mit jeder Taste macht, im Pa1000 loopt man die Sampples und spart sich dann einige Gigabytes an Speicher. Ich denke, im Mix hört man das kaum, einzeln betrachtet schon. Mit anderen Worten haben es die Hersteller alle heutzutage schwer, ihre Instrumente eindeutig zu klassifizieren. Wer Filmkomponist ist, wird den Kronos nehmen, wer elektronische Musik mit Naturinstrumenten bevorzugt, eben ein Modell der Pa-Serie. Bei Yamaha ist das nicht anders, auch wenn man hier eher klotzt statt kleckert. Speicherplatz ist ja schließlich nicht zugleich ein Garant für die Klangqualität.

          Es kann natürlich sein, dass Apps zugänglikch sein könnten, aber der Entertainer-Bereich interessiert mich persönlich nur am Rande, weshalb ich das nicht verfolge. SysEx ist ein MIDI-Standard, über den man ganze Programmierungen an das Instrument schicken kann, was einen Editor voraussetzt. Dies birgt auch wieder zwei Probleme mit sich, zum Einen muss das Instrument den Zugriff auf Werkseinstellungen von extern zulassen. Zum Anderen muss ein Bedarf sein, dass sich jemand hinsetzt und einen Editor programmiert. Den gab es beispielsweise für die Motif-Reihe, der Montage ist ein komplett anderes Gerät, somit lässt sich das nicht mehr weiter nutzen. Dazu kommt die Eigenart der Instrumente. Touchscreen, Super-Knob, die man zudem als Anwender vollständig am Gerät bedient. Auch hier darf man sich nichts vormachen, wer ein eigenständiges Instrument wählt, macht dies aus gutem Grund, weil er eben keinen Computer nutzt.

          Es gibt ja Lösungswege, Logic am Mac, die internen Instrumente sind hervorragend, dann braucht man halt nur einen Apple-Rechner. Wirkliches Problem ist aber der Arranger, was wiederum die Frage aufwirft, was man machen will. Wer einfach spielen möchte, der ist bei Logic Pro X natürlich auch vollkommen falsch aufgehoben, die Keyboardhersteller haben selbst den Finger auf guten Arrangern drauf und auch kein Interesse, dass man so ein Instrument plötzlich im iPad nachbaut. Technisch wäre das überhaupt kein Problem, die Hardware in einem Keyboard ist für heutige Verhältnisse schon ziemlich begrenzt.

          14. April 2019
          Reply

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